Eine hierarchische Beziehung kann spannend sein. Neueinsteiger auf der dominanten Seite haben oft Hemmungen ihre Partner zu unterwerfen, ohne sie selbst um Rat zu fragen. Wie lernt man ein richtiger Top zu sein? Wie wäre es mit begleitetem Dominieren?
Wie lernt man Lesen und Schreiben? Man lernt es in der Schule. Wie lernt man Autofahren? Man macht einen Führerschein. Wie erlernt man einen Beruf? Man macht eine Ausbildung. Und wie wird man ein „gute“ dominante Person innerhalb der BDSM-Welt?
In vielen Lebensabschnitten sind wir auf Unterstützung von älteren und/oder erfahreneren Personen angewiesen. Bei vielen Bereichen benötigt es eine gesonderte Ausbildung oder Zertifizierung, um Dinge tun bzw. ausüben zu dürfen. Einen PKW darf man nur fahren, wenn man einen entsprechenden Führerschein erworben hat. Einen bestimmten Beruf (z.B. Arzt) darf man nur ausüben, wenn man die entsprechende Ausbildung (bzw. Studium) erfolgreich abgeschlossen hat. Doch im Leben gibt es nicht für jeden Teilbereich eine allgemeingültige Schulung, die das Ausüben einer bestimmten Tätigkeit legitimiert.
Der Autodidakt
Es gibt Personen, die sich ohne Hilfe anderer Fähigkeiten beibringen. Manches davon kann man durch das Lesen von Fachbüchern erlernen oder man probiert Dinge aus. Beim Testen von Dingen kann es allerdings sein, dass man dabei auf die Nase fällt und es mehrere Fehlversuche gibt. Probieren geht über Studieren?
Beim BDSM ist es nicht ganz so einfach, da man viele Praktiken nur testen kann, wenn man ein entsprechendes (lebendes) Testobjekt zur Verfügung hat. Zudem gibt es einige Praktiken, die man aus Gründen der Sicherheit nicht allein ausleben sollte, beispielsweise Atemkontrollspiele.
Der Workshop
In Deutschland gibt es mehrere Veranstalter sogenannter Workshops, bei denen man (online oder vor Ort) BDSM-Praktiken erlernen kann. Wichtig dabei ist, dass sich die Kurse ausschließlich auf das Erlernen von BDSM-Techniken beschränken und dabei Sex meistens ausgeschlossen ist. Wer also eine BDSM-Session bei einem solchen Workshop erwartet, dessen Lust wird hier nicht befriedigt.
Je weiter man nach solchen Workshops sucht, desto mehr Auswahl findet man. Zudem bieten einige Veranstalter neben allgemeinen Einsteigerkursen auch Kurse für Fortgeschrittene oder Spezialkurse für spezielle Themen. Nach Rücksprache mit einigen Lesern haben diese immer noch Vorbehalte in einen solchen Workshop mit mehreren unbekannten Teilnehmern zu gehen, da sie ihre Vorliebe nicht offen ausleben wollen. Ein Fetisch-Outing sollte man hier aber nicht fürchten, da man vorrangig unter Gleichgesinnten ist. Sollte man ein bekanntes Gesicht sehen, dann braucht man keine Angst haben, sondern sollte sich eher über die Gemeinsamkeit freuen.
Die Sessionbegleitung
Einzelne BDSM-Dienstleister bieten neben Gruppenworkshops auch eine Art „begleitetes Dominieren“. Man spricht hier auch von einer Sessionbegleitung. Dabei handelt es sich aber nicht um einen flotten Dreier! Es geht viel mehr darum, dass während einer laufenden Session der dominante Spielpartner ein paar direkte Hilfestellungen gibt.
Man könnte dem entgegengesetzt auch argumentieren, dass diese Hilfestellung in einer BDSM-Session zu zweit vom devoten Spielpartner erfolgt. Nach Rücksprache mit einiges Subs ist es für die aber schwer, da sie aus ihrer Welt herausgerissen werden. Wenn sie den Top unterstützen sollen, wie sie selbst zu dominieren sind, dann fühlt es sich irgendwie falsch an und sie können sich während einer Session nicht fallen lassen.
Bei einer Sessionbegleitung ist eine weitere Person anwesend. Diese greift nicht in die sexuellen Handlungen der Spielpartner ein, sondern dient als Mentor für den dominanten Partner und unterstützt auch den devoten Partner dabei sich fallen zu lassen. In gewisser Weise ist eine Sessionbegleitung ein Workshop im privaten Umfeld, bei denen die ursprünglichen Spielpartner auch sexuelle Handlungen vornehmen.
Der Sessionbegleiter kümmert sich um folgende Themen:
- Unterstützung beim Anwenden von BDSM-Praktiken
- Unterstützung beim Verwenden von BDSM-Spielsachen
- Überwachung der körperlichen und geistigen Gesundheit der Spielpartner
- Eingreifen oder Abbrechen einer Session, wenn etwas „schief geht“
- usw.
Einige Sessionbegleiter bieten ihre Dienste erst nach Besuch eines allgemeinen Workshops an, in welchem die Grundlagen geklärt werden. Dies verhindert, dass man bei einer Session nicht mit den Basics anfangen muss, sondern gleich tiefer einsteigen kann. Vor einer solchen Session werden die Präferenzen und Vorlieben vorab geklärt, damit die Session entsprechend an diese Themenbereiche angepasst werden kann.
Vorbehalte
Analog zu den BDSM-Workshops haben auch bei einer Sessionbegleitung viele Personen ein Problem damit, sich gegenüber Dritten zu öffnen. Eine fremde Person im Schlafzimmer, welche einem zeigt, wie man BDSM praktiziert klingt nicht für jeden einladend. Andere hingegen finden es eine gelungene Abwechslung und eine Chance für ein intensiveres und spannenderes Liebesleben.
Alternative
Als Alternative für eine Sessionbegleitung kann man auch einen Escort im Bereich BDSM buchen, der in der Session nicht nur das Coaching übernimmt, sondern aktiv an der Session beteiligt ist. Somit wären mit einem Escort auch sexuelle Handlungen mit dieser Person nicht ausgeschlossen.
Meinungen
Nach Rücksprache mit einigen Bekannten haben wir unterschiedliche Meinungen erhalten. Die einen waren einer Sessionbegleitung gegenüber sehr offen. Andere hingegen sprachen hier von einem absoluten Tabu und halten die Anwesenheit einer dritten Person sogar als Stimmungskiller. Wieder andere würden sich über eine solche dritte Person in einer Session freuen, wünschen sich aber auch aktive sexuelle Handlungen mit dieser Person. Was denkt ihr darüber? Schreibt uns gern einen Kommentar oder Nachricht. Wir freuen uns auf eure Zusendungen.
Wirklich interessantes Thema. Ich glaube für mich selbst käme das eher in Frage, wenn gegenüber dem begleitenden Dom eine gewisse Anziehung besteht. Und in dem Fall würde ich dann tatsächlich auch aktives Mitmachen wünschen (setzt natürlich voraus, dass auch der begleitende Dom dieses nicht ausschließt, falls die Stimmung und Situation das so ergibt).
Es kommt unabhängig von der Erlaubnis der eigentlichen Sessionteilnehmer auch auf die Bereitschaft des Sessionbegleiters an, ob dieser ein Teil der Session ist oder nur die graue Eminenz im Hintergrund, welche die Fäden zieht und die Puppen auf der Bühne tanzen lässt.