Wenn man in die sozialen Netzwerke schaut, dann scheint das Leben mancher Fetischisten eine Dauerparty zu sein. Die Realität sieht oft anders aus und daher fragen wir uns, woher dieses scheinbar extrem verzerrte Weltbild kommt.
Jedes Wochenende Party
Nach Auffassung mancher Szenegänger heißt es an jedem Wochenende Party bis in die Puppen. Unter der Woche wird gearbeitet und am Wochenende wird die Sau rausgelassen. Manchmal ist es eine Fetischparty und wenn die Mottopartys nicht passen, dann geht man eben anderweitig mit Freunden was Trinken und Tanzen. Oft wird das noch mit dem Jugendwort „YOLO“ (you only live once), welches 2012 zum Jugendwort des Jahres gewählt wurde, unterstrichen.
Verpflichtungen
Doch der Alltag von gefühlt allen anderen Personen weicht hier deutlich ab. Abseits von beruflichen Verpflichtungen wartet die Familie und der Haushalt. Es wird gewaschen, gekocht, geputzt und wenn man dann durch ist (nicht nur mit den Nerven, sondern auch körperlich), dann möchte man eigentlich nur noch die Füße hochlegen und seine Ruhe haben. Lust auf eine Party hat man nicht. Doch warum haben manche Personen scheinbar keine Verpflichtungen? Wer kümmert sich um deren Haushalt? Leben sie noch in Hotel Mama? Oder sieht es bei denen Zuhause aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen? Wir werden es vermutlich nicht erfahren, da in den sozialen Medien nur die Sonnenseite gezeigt wird. Ein verzerrtes Weltbild?
Fetischmüdigkeit
Einige Leser haben sich bei uns gemeldet, dass sie eine gewisse Fetischmüdigkeit haben. Auch wenn das Ausleben eines Fetischs erregend sein kann, so muss man auch seinen inneren Schweinehund überwinden. Es kommt natürlich stark auf den jeweiligen Fetisch an. Wenn jemand Lederhosen erregend findet, dann ist eine solche Hose schnell mal angezogen und der Fetisch „einfach“ ausgelebt. Andere Fetische haben hier eine deutlich intensivere Vorbereitungszeit. Ein Leser hat uns berichtet, dass er für das Anlegen seiner „Montur“ (Gummikleidung, hohe Lederschnürstiefel und Fesseln) gut 45 Minuten benötigt. Vor einem Abenteuer wird also abgewägt, ob sich der Aufwand auch lohnt, denn man muss danach auch alles wieder reinigen und sicher verstauen.
Soziale Netzwerke
Die sozialen Netzwerke zeigen hier ein ganz anderes Bild. Hier stellt sich überhaupt nicht die Frage, ob man seinen Fetisch auslebt. Er wird gefühlt täglich sehr intensiv ausgelebt. Für einige ist der Anblick solcher Fetisch-Inhalte motivierend und inspirierend. Andere hingegen empfinden Neid und teils auch Unverständnis. Wie kann ein selbsternannter Kinkfluencer sich so teure Fetischkleidung leisten und sie gefühlt täglich ausführen? Ist der Wohlstand real?
Wohlstand und Schulden
Es gibt in der Tat einige wohlhabende Fetischisten, die gekonnt ihren Wohlstand einsetzen, um sich in den sozialen Netzwerken in den Mittelpunkt zu stellen. Ob sie dabei glücklich sind, das entzieht sich unserer Kenntnisse. Und dann gibt es die „normale Mittelschicht“ (aus finanzieller Sicht). Auch hier leben die Personen ihren Fetisch aus und gönnen sich auch hier ein paar Schmuckstücke. Teils wird darauf gespart und bei manchen Extrembeispielen wird sogar über die finanziellen Verhältnisse gelebt und für das Ausleben eines Fetischs sogar ein Kredit aufgenommen. Ein junger Leser hatte uns von seinem 5-stelligen Schuldenberg berichtet, nur damit er seine Vorlieben ausleben konnte (und von einer Domina ausgenommen wurde).
Urlaubsplanung
Einige Fetischfreunde haben uns berichtet, dass die Jahresurlaubsplanung an regionalen und überregionalen Fetischevents ausgerichtet wird. Während andere am Strang liegen, verbringen manche Fetischfreunde ihren Urlaub lieber auf vielen Fetischevents und reisen dafür um die halbe Welt. Anderweitiger Erholungsurlaub (zum Beispiel am Strand) bleibt somit eher außen vor.
Begierde und Neid
Was man sieht, das begehrt man. Auch wir können uns davor nicht immer entziehen, außer man verbindet uns die Augen. Und auch wir haben uns bei so manchem Bild oder Video von Kinkster schon gewünscht, entweder deren Kleidung oder deren Spielsachen zu erwerben oder sich gar an die Stelle des jeweils Abgelichteten gewünscht. Zu Beginn unseres Fetischdaseins war der Neidfaktor sehr hoch. Inzwischen verstehen wir es besser, anderen ihren Spaß (an dieser Stelle ihren Fetisch) zu gönnen.
Ein Kinkster berichtet: „Das Leben ist keine Dauerparty! Aber wenn es dann mal zur Sache geht, dann entstehen meist so viele Bilder und Videos, dass man selbst Wochen danach immer noch Munition hat, um die Fans und Follower auf diversen Plattformen damit zu bombardieren. Und wenn man keine aktuellen Inhalte hat, dann findet sich tonnenweise im Archiv, damit man eine lückenlose Präsenz in den sozialen Netzwerken gewährleisten kann.“
Mehr Schein als Sein
Bei manchen Inhalten in diversen sozialen Netzwerken ist der Schein oft viel größer als das Sein. Das Leben ist (k)eine Dauerparty! Und um das noch etwas mehr zu unterstreichen, ist das heutige Vorschaubild ein KI-generiertes Bild (ChatGPT). Auf den zweiten Blick erkennt man die eher unnatürlichen Details. Dennoch haben KI-Bilder gerade im Fetischbereich eine nennenswerte Präsenz bekommen und man tut sich inzwischen schwer, die echten und die künstlichen Bilder auseinanderzuhalten.
Eure Meinung
Wie steht ihr zu dem Thema? Ist der Neidfaktor bei so manchen Kinkstern bei euch sehr hoch oder gönnt ihr ihnen deren gefühlte Dauerparty? Oder seid ihr selbst regelmäßig Partygänger und versteht es nicht, wie andere ihren Fetisch so zurückhalten und ihn nicht deutlich mehr ausleben? Schreibt uns gern eure Meinung zu diesem Thema. Wir freuen uns auf eure Zusendungen.