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Suburbanes Fetischdefizit – Tote Hose auf dem Land?

Das Stadtleben bietet viele Vorteile, besonders was das Ausleben bestimmter Vorlieben hat. In ländlichen Regionen sucht man fetischorientierte Kneipen oder Clubs eher vergeblich. Bedeutet das auch, dass es auf dem Land weniger Fetischisten gibt als in der Stadt?

Wenn man in einen Fetischclub gehen möchte, dann muss man in die Stadt fahren. Das war schon immer so und wird vermutlich auch weitgehend so bleiben. Doch für eine Person auf dem Land können das große Hürden sein. Während ein Stadtmensch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mobil durch die Innenstadt fahren kann, geht auf dem Land ohne eigenen PKW oft gar nichts. Und wenn man mit dem PKW in die Großstadt fährt, muss man oft sehr ernüchternd feststellen, dass Parkplätze Mangelware sind.

Hoher Aufwand oder Verzicht?

Micha aus Ravensburg: „Wenn ich in eine mir bekannte Fetischkneipe nach München fahren möchte, dann muss ich eine Autofahrt von zwei Stunden (einfache Strecke) in Kauf nehmen. Da die Partys erst nachts interessant werden gibt es für mich zwei Optionen. Ich kann entweder nichts trinken und dann in den frühen Morgenstunden übermüdet mit dem Auto nach Hause fahren oder ich nehme mir ein überteuertes Hotelzimmer in der Innenstadt für eine Nacht. Beide Varianten schmälern immer wieder die eigentliche Freude auf die Fetischveranstaltung und von daher ist der Verzicht darauf immer häufiger gängige Praxis.“

Berlin – Die „ultimative“ Fetischhauptstadt?

Wir selbst waren mehrfach in Berlin auf Fetischveranstaltungen und haben uns sowohl die Gastgeber als auch die Gäste angeschaut. Es ist schön anzusehen, wie sich Fetischisten von ihrer besten Seite zeigen. Das Verhalten der Besucher ähnelte stark dem Balzverhalten im Tierreich. Doch für einige schier unnahbare Individuen ist es nur ein großes Schaulaufen. Sehen und gesehen werden. Da Berlin auch ein beliebtes Reiseziel für internationale Gäste ist, hat man dort ein breites Publikum. Und diese internationale Vielfalt spiegelt sich auch in der Fetischwelt wider. Für einen ansässigen Berliner ein normales Bild, für eine Person vom Land ein vermutlich ein einzigartiges Fetisch-Highlight.

So gastfreundlich die Berliner auch sind, es gibt stark negative Meldungen und so wenden sich immer mehr potentielle Gäste von Großveranstaltungen in der Bundeshauptstadt ab.

Chris (37) aus Hannover: „Über viele Jahre haben wir unseren Urlaub an diverse Fetischveranstaltungen in Berlin angepasst. Doch wir haben uns inzwischen daran sattgesehen. Es ist nur noch ein großes Schaulaufen und auf solche Massenveranstaltungen haben wir keine Lust mehr. Deshalb bevorzugen wir lieber kleinere lokale Veranstaltungen oder gar private Partys. Man hat zwar nicht das ‚Flair‘ wie bei einer Großveranstaltung, aber man kann auf seine direkten Mitmenschen viel intensiver eingehen und den Fetisch besser genießen.“

Reisebereitschaft

Erfahrungsgemäß ist die Reisebereitschaft von einem Landmensch höher als von einem Stadtbewohner. Dies kommt wohl auch durch den lokalen Vorteil von Stadtmenschen an, die ihren Fetisch eben in unmittelbarer Nähe ausleben können. Auf dem Land heißt es Taschen packen und dann mit dem Auto erst einmal eine entsprechende Strecke in Kauf nehmen. Doch im Laufe der letzten Jahre haben sich die Reiseziele geändert.

Micha (43) aus Ingolstadt: „Früher bin ich fast jedes Wochenende nach München auf Fetischpartys gefahren. Da aber nicht jede Woche ein Motto nach meinem Geschmack dabei war und sich das Publikum auch nicht unbedingt positiv entwickelt hat, fahre ich nun lieber auf private Partys. Die Frage, ob ich lieber mit Sack und Pack nach München fahre und auf einer kommerziellen Fetischparty nicht auf meine Kosten komme oder gleich ein Stückchen weiter auf eine private Party fahre, auf der ich viel eher auf meine Kosten komme, stellt sich eigentlich nicht. Im Fetischclub konnten bis zu 200 richtig geile Typen sein, doch wenn man nur rumsitzt, ist es vergeudete Zeit. Da hab ich lieber eine private Party mit drei oder fünf Fetischfreunden, mit denen es dann auch intensiv zur Sache geht. Dafür fahre ich dann gern 50 oder 100 km weiter.“

Wo sind die Fetischisten?

Die Wahrscheinlichkeit, einen „bunten Vogel“ in der Innenstadt einer Metropole zu finden, ist deutlich größer als im Gemeindezentrum eines 500-Seelen-Dorfes. Doch gibt es wirklich weniger Fetischisten auf dem Land als in der Stadt? In Summe vielleicht schon, aber nicht anteilig. Und diese auf dem Land lebenden Fetischfreunde leben ihre Vorliebe vorrangig hinter verschlossener Türe aus. Aber warum eigentlich nicht einfach mal in Gummikleidung einen Spaziergang in der Natur machen? Das größte Hindernis ist für viele immer noch ein Fetisch-Outing. Die Leute wollen nicht gleich Dorfgespräch sein.

Sabine (29) aus einem kleinen Ort in Ostfriesland: „Wenn ich in Gummi vor die Türe gehe, dann schauen mich meine Mitmenschen manchmal seltsam an. Meine direkten Nachbarn sind es schon gewohnt, auch wenn sie anfangs dachten, es wäre ein Schwimm- bzw. Tauchanzug. Wenn ich in Hamburg in Gummi unterwegs bin, dann interessiert das niemanden. Ehrlich gesagt enthemmt die Großstadt etwas, aber nachdem ich auch auf dem Land keine negativen Erfahrungen gemacht habe, lebe ich dies nun auch hier unbeschwert aus.“

Entwicklung und Ausblick

Immer mehr Fetischfreunde leben auch auf dem Land ihre Vorlieben aus. Was vor 30 Jahren noch für undenkbar galt, wird auch nach und nach hier zum Alltag. Wünschenswert wäre es, wenn der Trend so weiter geht und irgendwann ein Fetisch-Outing gar nicht mehr erforderlich wäre, sondern jeder einfach das machen kann, was er eben möchte. Dazu gehört eben auch das Ausleben eines Fetischs. Aber vermutlich wird es noch eine Weile dauern, bis unsere Gesellschaft so weit ist. Vielleicht gibt es auch in Zukunft mehr Fetisch-Locations auf dem Land. Wenn ihr eine kennt, könnt ihr uns gern darauf aufmerksam machen. Wir freuen uns auf eure Zusendungen.

Veröffentlicht von

Dennis

Mentor und Berater im Bereich Fetisch und BDSM. Du möchtest dich über Fetisch und BDSM unterhalten? Kommt gern auf mich zu. Egal ob Einsteiger oder Profi, ich unterstütze dich gern!

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