Wie definiert man als Zeitangabe den Begriff „lang“? Es kommt darauf an. Das Zeitempfinden kann je nach ausgeführter Tätigkeit variieren. Es gibt auch bei fesselnden Spielarten den Begriff des Langzeitbondage. Doch ist „lang“ denn immer noch schön oder kann es auch „zu lang“ werden?
Meine Großeltern haben immer gesagt: „Wenn man älter wird, dann vergeht die Zeit schneller“. Natürlich habe ich versucht wissenschaftlich diese Aussage zu widerlegen. Dennoch wollten sie damit ausdrücken, dass das Zeitempfinden von jungen Menschen anders ist, als das von älteren Menschen. Ganz unrecht hatten sie nicht. Gerade in der Adventszeit scheint als Kind die Zeit still zu stehen und sehnt man sich doch so sehr das Christkind herbei. Und als Erwachsener hat man sich gerade an die sommerlichen Temperaturen gewöhnt und schon neigt sich das Jahr dem Ende und die Lebkuchen stehen im Supermarkt und kaum bricht das neue Jahr an, stehen dort die Schokoladenosterhasen.
Wenn man sich mit Freunden trifft, dann scheint die Zeit förmlich zu verfliegen. Ähnlich verhält es sich bei einem gemeinsamen Bondage-Abenteuer. Kaum im Spielzimmer angekommen sind zwei oder drei Stunden schnell vorbei. Doch was ist, wenn die Session nach drei Stunden nicht endet? Wir haben uns mit dem Thema Langzeitbondage beschäftigt und möchten euch unsere Eindrücke vermitteln.
Doch wie lange dauert Langzeitbondage? Man könnte natürlich auch fragen, wie lange eine Session dauert. Dieser Frage sind wir schon einmal auf den Grund gegangen. Eine perfekte Antwort darauf gibt es nicht, außer man antwortet mit: „es kommt darauf an“! Auf was kommt es an?
Betrachten wir uns unabhängig vom sexuellen Akt diverse Bondage-Varianten. Man kann eine Person im Stehen, im Sitzen oder im Liegen fesseln. Je nach Art der Fesselung kann diese für das Opfer schnell unangenehm werden. Stehend gefesselt zu werden kann nach 30 oder 60 Minuten schon eine Herausforderung sein, vor allem wenn die Arme nach oben gebunden wurden. Das Blut versackt in den Beinen und man wird müde. Wird man allerdings liegend gefesselt, so kann es auch während der Fesselung zu entsprechenden Ruhephasen kommen und man schläft vielleicht sogar ein. Mehrere Stunden können hier schnell verfliegen und das Zeitempfinden ist anders als bei der stehenden Fesselung.
Und da wären wir auch schon beim Schlüsselwort: Zeitempfinden! Dieses ist bei einer Session sehr wichtig. Sobald es für Körper und Geist herausfordernd oder gar schmerzhaft wird, ändert sich das Zeitempfinden und die Zeit scheint langsamer zu vergehen. Liegt man zum Beispiel in einer medizinischen Akutfixierug, wie zum Beispiel den Produkten der Marke SEGUFIX®, dann kann sich das Zeitempfinden in verschiedene Richtungen entwickeln. Auf der einen Seite vergeht die Zeit schneller, da man in einer Ruheposition ist, auf der anderen Seite vergeht die Zeit langsamer, weil es langweilig ist.
Hier kommen wir zu unserem zweiten Schlüsselwort: Erwartungshaltung. An jede Session haben die jeweiligen Spielpartner eine gewisse Erwartungshaltung. Eine Erwartung kann sein, bestimmte sexuelle Praktiken zu erleben oder gar zum sexuellen Höhepunkt zu kommen. Schauen wir uns das an einem Beispiel an. Nehmen wir an, dass eine Frau von ihrem Mann im Zuge einer BDSM-Session ans Bett gefesselt wird und anschließend vaginal penetriert wird, sodass beide zu ihrem sexuellen Höhepunkt kommen. Erwartungshaltung und Ende der Session sind definiert, denn nach dem Erreichen des sexuellen Höhepunkts ist die Session beendet. Diese kann unter Umständen nur ein paar Minuten oder gar ein paar Stunden dauern.
Nun betrachten wir uns dieses Beispiel erneut. Die Frau wird ans Bett gefesselt und vaginal penetriert. Sie und ihr dominanter Partner kommen aber nicht zum Höhepunkt, sondern der Mann lässt die Frau mehrere Stunden oder gar einen ganzen Tag im Bett gefesselt. Nach 24 Stunden wird die Frau erneut vaginal stimuliert und zum Höhepunkt gebracht. Beide Sessions haben dasselbe Ziel: den sexuellen Höhepunkt beider Spielpartner. Doch unterscheiden sich die Sessions im Faktor Zeit. Bei der ersten Variante war es ein paar Minuten, in der zweiten Variante waren es mehrere Stunden oder gar ein ganzer Tag. Ist das nun Langzeitbondage?
Ein ähnlich abweichendes Verhalten und Empfinden haben wir zwischen Neueinsteigern und Fortgeschrittenen beobachtet. Einem Neueinsteiger haben wir Handschellen auf dem Rücken angelegt und dieser hat uns höflich darum gebeten, diese nach ca. zehn Minuten abzulegen, da es begonnen hat weh zu tun. Bei einem fortgeschrittenen Spielpartner haben wir dasselbe gemacht, wir haben ihm Handschellen auf dem Rücken angelegt. Nach einer halben Stunde haben wir ihn gefragt, wie es ihm geht. Seine Antwort darauf: „Bequem ist was anderes, aber manchmal möchte ich nicht, dass es bequem ist. Es gibt Situationen, in denen aus Schmerz Geilheit wird. Wie lange ich die Handschellen zu tragen habe, wird nicht von mir entscheiden, sondern von euch. Und ich werde mich diesem Willen beugen!“
Es kommt stark auf die persönlichen körperlichen und geistigen Grenzen an. Wenn man versucht diesen Horizont abzustecken und möglicherweise die Grenzen zu erweitern, ist das eine wichtige Entscheidung. Dies ist auch der Weg zum Langzeitbondage. Und um eine einleitende Frage zu klären, was denn beim Bondage „zu lange“ ist: Das ist dann, wenn die eigenen Grenzen überschritten werden. Bondage ist nicht dazu da, sich gegenseitig zu zerstören. Man sollte immer gemeinsam damit Spaß haben und in seinen Rollen entsprechend wachsen.
Und mit einem Halseisen an der Wand fixiert auf dem Boden knien zu müssen, das kann eine körperliche Herausforderung werden, was einer unserer Spielpartner erfahren durfte. Das geht dann stark in Richtung Predicament Bondage (Zwickmühlenbondage).
Einer unserer Leser hat sich zum Thema Langzeitbondage zu Wort gemeldet, diese Gedanken möchten wir hier mit euch teilen:
„Meine Sessions dauern in der Regel mindestens 24 Stunden. Eine Session nur zwischen Tür und Angel, quasi eine schnelle Nummer, kommt für mich nicht in Frage. Ich habe viel Zeit in die Ausstattung meines Spielzimmers investiert und ich möchte dieses auch vollumfänglich nutzen. Die meisten meiner Spielpartner sind berufstätig. Meist finden die Sessions daher am Wochenende statt. Anreise am Freitagabend, dann gemeinsames persönliches Kennenlernen. Anschließend hat mein Spielpartner Zeit sich zu waschen und dann geht es los. Die Sessions gehen meist von Freitagabend bis Samstagabend. Wenn es beiden gefällt, dann gibt es eine Verlängerung bis Sonntagmorgen.
Spätestens hier wird das Opfer befreit und die Session ist beendet. Dann hat mein Spielpartner noch Zeit sich ein wenig zu erholen, wir reflektieren die Session dann auch noch in einem gemeinsamen Gespräch und im Anschluss tritt derjenige seine Heimreise an. Dieses Prinzip hat sich bewährt und bietet mir dann auch die Ruhe am Sonntag das Spielzimmer wieder aufzuräumen und zu putzen, bevor am Montag die nächste Arbeitswoche startet. Man könnte zwar sagen, dass das gesamte Wochenende damit drauf geht, andererseits möchte ich mir und meiner Sexualität diese Freiheit einräumen.“
Wir haben diesbezüglich vor Kurzem eine (nicht repräsentative) Umfrage auf Twitter gestartet, welche ihr euch hier anschauen könnt. Das Ergebnis der Umfrage zum Thema Langzeitbondage, bei der 208 Personen teilgenommen haben:
- 12 Stunden: 45,2 %
- 24 Stunden: 33,7 %
- 48 Stunden: 4,8 %
- Mehr als 48 Stunden: 16,3 %
Fast die Hälfte der Teilnehmer empfinden bereits 12 Stunden als Langzeitbondage. Die Hintergründe für diese Entscheidung sind uns nur teilweise bekannt, da uns einige der Teilnehmer daraufhin direkt angeschrieben haben und mit uns den Dialog geführt haben.
Nun stellen wir natürlich euch die Frage, was ihr unter Langzeitbondage versteht. Kommt es bei euch auf die Art der Fesselung an oder habt ihr hier ein bestimmtes Zeitfenster im Kopf? Wie lange sollte eine Session eurer Meinung nach mindestens dauern und was wäre euch „zu lange“? Es geht hier nicht darum Rekorde zu brechen, es dient dem allgemeinen Verständnis, welches Zeitempfinden ihr bei einer Session habt und welche Zeit ihr eurer Sexualität einräumen möchtet. Wir freuen uns auf eure Zuschriften!
Kleine doofe Verständnisfrage: Bei der Langzeitfesselung, wie hier beschrieben, ist man tatsächlich nur gefesselt und es passiert nix weiter?
Es kommt auf den Spielpartner bzw. Spielpartnerin an. Pauschal kann man das nicht sagen.
Manche genießen es länger „einfach nur gefesselt“ zu sein, andere bevorzugen es, während der Fesselung zusätzlich bearbeitet zu werden. Manchmal reicht eine Berührung, Streicheln oder kneifen, andere bevorzugen eine sexuelle Penetration.
Verstehe, danke.
Dann würde ich mal sagen: Drei Stunden sollte die Session mindestens dauern, egal ob mit bespielen oder nicht. Ich war schon auf welchen von einer halben Stunde Dauer, aber die ist so schnell vorbei, das könnten genausogut zehn Minuten sein.
Was »zu lang« wäre, könnte ich nicht sagen, aber zwölf Stunden hört sich schon sportlich an (schöne Grüße an den GeorgL 😏)
Gruß
Eriktion
Wenn es Spaß macht, dann vergehen drei Stunden wir im Flug. Wenn es „zwickt“ oder schmerzt, dann sind drei Stunden eine gefühlte Ewigkeit.
Und genauso ist es mit zwölf Stunden… oder noch länger.
Meine Herrin würde Langzeitbondage für sich sicher anders definieren. Sie hält mich ja weitestgehend in Ketten und, besonders nachts, kann ich mich in der Regel nur sehr bedingt bewegen. In so fern würde Sie meine Nächte wohl schon als Long Term Bondage sehen. Und ich teile Eure Meinung, dass es bei Sessions sehr darauf ankommt, wie man auf die Fesselung anspringt. Ist es unbequem, sind drei Stunden lang und hart. Ist es „bequem“, gehen auch schon mal sechs/sieben Stunden am Stück. Länger hat Herrin Ihre Sessions bisher noch nie gezogen.
Manchmal ist es nicht wichtig, welchen Namen man dem Kind gibt.
Viel wichtiger ist, das ihr einen gemeinsamen Weg gefunden habt, euer Glück zu gestalten.
Beneidenswert. Macht dich das durchgehende Kettentragen an? Und wenn ja, für wie lange?
Gruß
Eriktion
Hm….gute Frage….
Hat es am Anfang, ja. Heute ist es eher so, dass es mir fehlt und sich „falsch“ anfühlt, wenn ich nicht in Ketten bin. Konditionierung nehme ich an. Es ist auch ein Unterschied, den ganzen Tag über meine Aufgaben in Ketten verrichten zu müssen (Home Office am PC, Kochen, Küche sauber machen), oder nachts wach im Bett in Ketten zu liegen. Da muss ich bewusst ruhig liegen, denn Herrin wecken geht gar nicht. Und dabei ist es z.B. unmöglich, die Bettdecke geräuschlos an und abzudecken, wenn man friert oder schwitzt. Falls ich es überhaupt hin bekomme. Aber: Es fühlt sich eben richtig an und beides unterstützt mich in meiner Devotion. Und das wichtigste dabei: Herrin gefällt es so und Sie ist immer ziemlich ungehalten, wenn ich unkontrolliert mal keine Ketten trage (wenn z. B. meine Kids da sind).
Verstehe, ist wohl so wie bei der Armbanduhr: Wer gern Armbanduhr trägt, der fühlt sich nackt, wenn er sie mal nicht anhat.
Deine Herrin muss aber einen ziemlich leichten Schlaf haben, wenn du sie mit jedem leichten Kettenrasseln wecken kannst …
Egal, dankeschön für die Einblicke!
Gruß
Eriktion
😀
in der Nacht liege ich entweder ruhig, oder Sie schläft tiefer. Es geht um die Morgenstunden. Da wird Sie vom Scheppern eher mal wach. Und das obwohl die Kette an den Haltepunkten am Bett mühsam von mir mit Stoff übernäht werden mussten. Was bleibt ist das Klappern der Schellen an der Kette. Das lässt sich halt nicht vermeiden.
Kleiner Tip: Durchflechtet Eure Ketten mit einem passenden Seil. Das reduziert das Kettenklirren ganz erheblich.
Vielen Dank für den Tipp!
Vielen lieben Dank, cbchaste! Ich hab es Herrin gleich weitergeleitet. Das hilft zwar nicht bei den Schellen selber, aber das Rasseln könnte so eingeschränkt werden.
VG
sklave in stahl
Meine Eheherrin liebt es, mich ab und zu nackt und in Ketten von morgens bis abends zu halten. Also KG, Halsband und Ketten aus Stahl. Die Ketten sind mit Schlössern an den Stahlmanschetten gesichert. Die Kettenfreiheit beträgt bei den Händen etwa 50 cm und bei den Füßen ebenso. Hände und Füße sind also ziemlich in der Bewegung eingeschränkt. Der Fixierpunkt bei den Händen liegt auf der Höhe der Bauchnabels und ist mit Schloss gesichert. Toilettengänge sind also eine Herausforderung. Ansonsten habe ich mich and die Einschränkung gewöhnt und ich mag es so gekettet zu sein.
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Und manchmal muss es der Wille einer anderen Person sein, damit wir uns solchen Herausforderungen stellen können. Weiter so!