Wenn man auf etwas oder jemanden so richtig abfährt, dann kann es nicht schnell genug gehen und man möchte sofort und ohne Verzögerung zum Höhepunkt kommen. Doch der Höhepunkt ist nur ein kurzer Moment und einige Spielpartner wollen nicht mehr Zeit investieren als zwingend notwendig. Wie entschleunigt man seine Spielpartner?
Zeit ist Geld! Das trifft zumindest auf Dienstleister zu. Auch im privaten Umfeld ist die Zeit und vor allem die Freizeit rar und kostbar. Jeder setzt seine persönlichen Prioritäten anders und von daher kann die Freizeitgestaltung sehr unterschiedlich ausfallen. Die sexuelle Befriedigung mag hier ein nennenswerter Bestandteil sein. Doch für viele verkommt der sexuelle Akt als Pflichtpunkt auf der Wochenagenda. Im Mittelpunkt steht nicht mehr der Akt an sich, sondern nur noch der sexuelle Höhepunkt und diesen möglichst schnell und effizient zu erreichen.
Wo bleibt denn da der Spaß?
Wir möchten nicht bestreiten, dass der sexuelle Höhepunkt, sprich der Orgasmus, eine wunderschöne Sache ist. Doch das ganze Drumherum ist aus unserer Sicht teils spannender als der Höhepunkt selbst. Wenn man beim sexuellen Akt seine Vorliebe für Fesselspiele und seinen Fetisch ausleben möchte, dann erfordert das mehr Zeit als nur das klassische „Rein-Raus-Spiel“. Und so sprechen viele BDSM-Freunde beim Beischlaf nicht mehr nur von Sex, sondern von einer Session. Die Rollen werden verteilt, man zieht sich etwas Hübsches an und dann erlebt man sein gemeinsames Abenteuer.
Es muss schneller gehen!
All das braucht seine Zeit. Wer schon einmal 20-Loch-Stiefel geschnürt hat, der weiß, dass das ein paar Minuten dauern kann. Ähnlich verhält es sich bei diverser Fetischkleidung wie z.B. enganliegendem Gummi. Es kann eine Geduldsprobe sein, bis man sich ins gewünschte Negligé geschmissen hat. Wenn es dann ans Fesseln geht, das kann je nach Fesselmethode ein paar Minuten oder gar mehrere Stunden dauern.
Exkurs: Vor einigen Jahren war ich bei einem Freund und der hat mich gebeten etwas Fetischkleidung mitzunehmen, die ich besitze, mir gefällt und ich (aus welchem Grund auch immer) schon lange nicht mehr anhatte. So habe ich einen Gummi-Shorty mitgenommen. Dort angekommen lud er mich dazu ein, eben jenen Gummi-Shorty anzuziehen. Danach wurde ich gefesselt, sodass ich mich nicht mehr befreien konnte. Und dann ließ mich mein Gastgeber etwas ruhen mit den Worten: „Genieß einfach den Moment und wenn du so weit bist, dann werden wir ein gemeinsames Abenteuer erleben. Aber komm erst einmal zur Ruhe, mach die Augen zu und genieß es einfach.“
Es dauerte mehrere Stunden und am Ende gab es den Höhepunkt. Doch ich stellte für mich fest, dass der Höhepunkt zwar schön, aber irgendwie auch irrelevant war. Das Tragen der Fetischkleidung, die Fesselung und dann der direkte Kontakt mit meinem Gastgeber waren in Summe viel wertvoller als der Orgasmus.
Zu faul für ein Abenteuer?
In den letzten Jahren haben wir die Erfahrung gemacht, dass einige potentielle Spielpartner spielfaul werden. Sie wollen Fetischkleidung tragen und gefesselt werden, aber es muss möglichst schnell gehen, damit sie zum Sch(l)uss kommen. Einfach nur die Hände auf dem Rücken fesseln und den Spielpartner zum Höhepunkt bringen? Und danach zischt die Person gleich wieder ab, weil das Pflichtprogramm ja erledigt ist. Nein, nicht mit uns!
Es ging sogar so weit, dass manche bei uns angefragt haben, sich für ihre Selbstbefriedigung bei uns einzuladen. So erinnern wir uns sehr konkret an zwei Anfragen, welche von uns abgelehnt wurden. In der ersten Anfrage wollte ein Neueinsteiger einen Schutzanzug, welcher sich zum damaligen Zeitpunkt in unserem Besitz befand, probieren und sich darin selbst befriedigen. Unsere Rolle bestand darin ihm den Schutzanzug zur Verfügung zu stellen und beim An- bzw. Ausziehen zu unterstützen. Die zweite Anfrage war der ersten sehr ähnlich, bezog sich aber auf eine bestimmte Lederbekleidung, die der Anfragende für seine eigene Selbstbefriedigung tragen wollte. Wir als Gastgeber wären bei beiden Anfragen zu einer Randfigur geworden und bei der jeweiligen Ablehnung waren die anfragenden Personen leider auch etwas uneinsichtig.
Das Ende der Quickies?
Ihr dürft das nicht falsch verstehen. Auch bei uns kann es durchaus vorkommen, dass uns die Geilheit übermannt und es dann zu einem kurzen Liebesspiel (aka. Quickie) kommt. Doch für gewöhnlich möchten wir unserem Sexualleben mehr Zeit einräumen und sind deshalb bemüht unsere Sessions bewusster zu erleben. Ein guter Freund von uns hat uns hier eine sehr passende Metapher erzählt:
„Ein Quickie ist wie Fastfood. Man bekommt es schnell, ist für einen kurzen Moment satt, aber man hat bald darauf schon wieder Hunger. Für eine richtige Mahlzeit mit Hauptgericht, Beilagen und Salat steht man länger in der Küche zum Kochen und man muss die Küche danach auch wieder sauber machen. Im Vergleich zum Fastfood schmeckt diese Mahlzeit aber viel besser, sättigt mehr und man hat nicht gleich wieder Hunger. Und sollte doch noch ein kleiner Hunger aufkommen, dann gibt es noch einen Nachtisch. Danach ist mit Sicherheit jeder satt und glücklich! So liebe ich gutes Essen und ausführliche Sessions!“
Wir können unserem Freund an der Stelle nur zustimmen. Auch wir lieben gutes Essen und lange und intensive Sessions. Wir möchten euch dazu ermutigen, für das Ausleben eurer Sexualität mehr Zeit einzuräumen. Nehmt euch die Zeit für euch selbst. Ihr werdet feststellen, dass eine intensive BDSM-Session unterm Strich viel befriedigender sein kann als nur ein kurzes Intermezzo. Sex sollte niemals nur ein Lückenbüßer sein, sondern euer Leben bereichern. Und das wird nur funktionieren, wenn ihr diesem Lebensabschnitt die erforderliche Zeit einräumt. Und genau das übertragen wir auch auf unsere Spielpartner.
Mit jedem unserer Spielpartner sind wir vorab im Dialog. Ein Kandidat muss sich deshalb auch mental auf eine Session einlassen. Es gibt Personen, die sich darin schwertun. Auch denen kann geholfen werden, indem man vor und nach einer (möglicherweise kurzen) Session offen spricht. Auch hier muss das Interesse vorhanden sein, die erforderliche Zeit für die Gespräche zu investieren. Erzwingen kann man das allerdings nicht, aber ein möglicher Spielpartner muss im Umkehrschluss damit rechnen, dass er für eine Session nicht in Betracht gezogen wird. Jede Entscheidung hat Konsequenten.
Wieder mal den Nagel auf den Kopf getroffen, lieber Dennis. Es geht neben dem ‚Zeitmanagement‘ vor allem um Kommunikation.
Zumindest haben Eure dann-doch-nicht-gewordenen Spielpartner klar geschrieben was sie wollen, oder Ihr habt ihnen geholfen, sich darüber klar zu werden und es dann auszusprechen. Das ist schon mal besser als wenn ein Mensch unter falscher Flagge in eine Session hineinsegelt, sozusagen.
Ob ein Quickie die Erfüllung ist, oder nur die Angst vor was Tiefer gehendem überdecken und den Hormonhaushalt ausgleichen soll, das wird man nur durch Kommunikation rausfinden können, Kommunikation mit möglichen Partnern und mit sich selber. Diese Kommunikation braucht Zeit. Da kann man von außen nur Tipps geben, da sein und den Rest muss der Andere machen.
ER muss erkennen, dass der Höhepunkt nicht unbedingt der Höhepunkt ist, sondern das vermeintlich zeitraubende Vorspiel ihm mehr gab.
Zum Thema 20-Loch Stiefel… ich mag meine bekanntlich auch sehr, entweder ich nehme mir die Zeit sie zu schnüren und genieße es, oder ich zieh andere Schuhe an. Vans Slip Ons sind ja auch schön. 😉
20er mit Reißverschluß – gibt es mittlerweile – sind nicht mein Ding, entweder ich will die Session genießen oder ich lass es sein. In dem Fall kann eine kurze Handschellenfesselung alles sein und dann will ich nicht mehr. Aber genau das sollte dann auch mit einem Partner kommuniziert werden… der übrigens für klick-klack Achter ran! eigentlich gar nicht benötigt wird. Soll man dann wirklich dessen Gefühle für so eine kurze Nummer strapazieren? Der nimmt sich doch Zeit für einen.
Kommunikation ist sehr wichtig. Vor allem wenn es um das Thema Erwartungshaltung geht.
Weniger kann manchmal mehr sein.
Wir wollen das Bewusstsein schärfen, dass man seiner eigenen Sexualität mehr Zeit einräumt und das Leben besser genießen kann.