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Wettkampf der Supersklaven – Verbannung „minderwertiger“ Fetischisten

Der Mensch strebt nach Perfektion. So ist es auch im BDSM: Höher, weiter, intensiver,… viele möchten über sich selbst hinauswachsen und nicht immer scheint dies zu gelingen. Doch der Konkurrenzkampf ist groß und Spielpartner der soften Spielart gelangen deshalb aufs Abstellgleis. Das muss sich ändern!

Was macht eine gute BDSM-Session aus? Ganz einfach: Wenn alle beteiligten Spielpartner auf ihre Kosten kommen. Ähnlich ist es bei einer BDSM-Beziehung, die noch deutlich mehr ist als eine langanhaltende BDSM-Session. Auf der Suche nach geeigneten Spielpartnern stoßen wir auf eine Vielzahl williger Personen, die sich danach sehnen ein BDSM-Abenteuer zu erleben. Doch mit steigender Erfahrung können auch die Anforderungen steigen.

Drehen wir die Zeit zurück: Wenn man an den Beginn seiner eigenen BDSM-„Karriere“ zurückdenkt, so war das Verbinden der Augen und das gegenseitige Knabbern an Nippeln möglicherweise ein wahrer Höhepunkt. Und so kann es passieren, dass ein ehemaliger Höhepunkt heute nur noch als mittelmäßiges Vorspiel abgestempelt wird. Heute „braucht“ man Ketten, E-Stim-Geräte, eine abschließbare Sklavenmaske, einen fetten Knebel in der Fresse und Gewichte an den Nippeln, um auch nur ansatzweise in Stimmung zu kommen. Was ist passiert?

BDSM ist keine Sucht, die einer Therapie bedarf, obgleich eine BDSM-Session manchmal einer Therapiesitzung sehr nahe kommen kann. Jede Person, die entsprechende Erfahrungen sammelt, möchte einen Schritt nach vorn gehen. Zudem kann es passieren, dass man für manche Praktiken in gewisser Weise abstumpft. Am Anfang war es das Streicheln über die Nippel, später hat man sie mit den Fingern etwas gedrückt, dann vielleicht mit den Zähnen ein wenig gebissen und heute hängen entsprechende Klammern mit Gewichten daran. Alles mag auf die eine oder andere Art schön und auch intensiv sein. Verständlicherweise zeigt dies auch deutlich, dass es immer Steigerungspotential gibt, doch man muss sich selbst die Frage stellen, ob eine Steigerung überhaupt erforderlich ist. Wichtig dabei ist, dass man die eigenen Grenzen kennt und die seines Spielpartners.

Ein ähnliches Verhalten haben wir bei Keuschlingen beobachtet, die am LOCKtober teilgenommen haben. Also Personen, die sich für den laufenden Monat Oktober (un)freiwillig in einem Keuschheitsgürtel oder -schelle verschließen lassen. Hier ist ein regelrechter Konkurrenzkampf ausgebrochen. Wer hält am längsten durch? Wer trägt den unbequemsten Keuschheitsgürtel? Wer ist die leidensfähigste Person von allen? Und Neueinsteiger, die sich auch gewünscht haben am LOCKtober teilzunehmen und nach wenigen Tagen den Keuschheitsgürtel abgelegt haben (aus welchen Gründen auch immer), die werden teils geächtet. Verlierer, Versager, Weichei, Schwächling,… „du bist ja gar kein richtiger Sklave“ oder „du meinst es mit deiner Keuschheit wohl nicht ernst“ müssen sich diese verstoßenen Personen anhören.

Wir haben einige Hilferufe erhalten und wir können und möchten euch sagen: Ihr seid die stärksten Personen, die wir kennen! Ihr habt eure eigenen Grenzen erkannt und hört auf eure innere Stimme. Was bringt es euch weiter zu gehen, als euer Körper und Geist verkraften? BDSM ist nicht dazu da, um euch gegenseitig zu zerstören. Ich könnt gemeinsam im BDSM wachsen und eure eigenen Grenzen und die eures Partners kennenlernen und vielleicht auch erweitern. Aber diese Grenzerweiterungen gehen nicht mit Gewalt und schon gar nicht auf Kosten der eigenen Gesundheit! Also lieber einen Gang zurückschalten.

Wir sind der Meinung, dass dieser „Konkurrenzkampf“ innerhalb der Community aufhören muss. Jeder geht seinen persönlichen Weg im BDSM und es gibt hier keine allgemein gültigen Maßstäbe. Wir haben größten Respekt vor denjenigen, die ihre eigenen Grenzen kennen und bis zu dieser gehen. Wenn beispielsweise ein Keuschling sagt, dass er aufgrund anatomischer Gegebenheiten nur maximal 48 Stunden einen Keuschheitsgürtel tragen kann und diese temporäre Keuschheit dann auch antritt, dann haben wir davor größten Respekt. Es geht nicht darum alle Rekorde zu brechen und BDSM als (un)überwindbare Hürde zu sehen, es geht darum BDSM als Bereicherung des Lebens zu integrieren. Und wenn man sich dann innerhalb der eigenen Grenzen bewegt, dann lernt man sich selbst und sein Gegenüber umso besser und intensiver kennen.

Wenn ihr dann in den sozialen Netzwerken von anderen Personen mit „extremen“ Erfahrungen (24 Stunden in einer Kiste eingesperrt, vier Stunden einen großen Knebel tragen, etc.) beobachtet, dann sollte euch niemals der Neid ergreifen, im Gegenteil: Seid stolz auf das, was ihr selbst im Rahmen eurer Möglichkeiten realisieren könnt. Seid stolz auf euch selbst und genießt jeden Moment davon. Und auch wenn andere BDSM-Spieler als Pioniere herausragen und der Neid doch beginnt zu wachsen: Gönnt es ihnen und sagt zu euch: „du gehst deinen Weg und ich gehe meinen Weg“. Und wer weiß, vielleicht kreuzen sich diese Wege irgendwann oder man geht ein Stück gemeinsam.

Wir haben Nachrichten von Lesern erhalten, die in mancher Situation schon meinten, dass sie das „niemals schaffen“, z.B. einen ganzen Monat keusch und verschlossen zu sein, wenn wir beim LOCKtober bleiben. Das müsst ihr auch gar nicht! Es hat nichts mit Versagen zu tun, wenn man nach ein paar Tagen eine Pause von BDSM macht, es hat viel mehr mit Stärke zu tun. Das sollte jeder Person, egal ob dominant oder devot, bewusst sein.

Und wenn euch irgendjemand blöd von der Seite anspricht, dass eure Grenzen zu niedrig angesetzt sind, dann könnt ihr diese Person getrost vernachlässigen, denn sie wird euch auf eurem Lebensweg auf Dauer nicht gut tun. Meist kommen diese „Shitstorm“-Meldungen gegenüber Devoten nicht von dominanten Personen, sondern von den Reihen der eigenen (devoten) Seite: Der Wettkampf der „Supersklaven“. Und einen solchen Kampf habt ihr nicht nötig! Jeder ist auf seine Art einzigartig und jeder geht seinen eigenen Weg. Traut euch ihn zu gehen und genießt das (BDSM-)Leben, lasst euch auf keinen Konkurrenzkampf ein und passt aufeinander auf! Danke!

Kürzlich haben wir eine interessante Aussage gelesen, die wir sinngemäß aus dem Englischen übersetzt haben:

Du bist kein „minderwertiger“ Fetischist oder BDSM-Spieler, nur weil du…

  • keine tausende Follower in sozialen Netzwerken hast
  • keine Fetischbilder mit der Familie und Freunden teilst
  • nicht jeden Tag deine Fetischkleidung trägst
  • keinen Sixpack hast
  • übergewichtig bist
  • nicht mehr jünger als 35 Jahre bist
  • nicht ständig an Fotoshootings teilnimmst
  • keine Antwort von einer Person bekommst, die du bewunderst
  • keine Fetischkleidung in der Öffentlichkeit trägst
  • nicht jede Woche eine Verabredung hast
  • nur ein einziges Fetisch-Outfit hast
  • eine „andere“ Hautfarbe hast
  • ein Transgender oder eine nicht binäre Person bist
  • asexuell oder demisexuell bist
  • eine feste Partnerschaft einem Sexdate vorziehst
  • nicht fotogen bist
  • nicht extrovertiert bist
  • dich nicht auf öffentlichen Events wohl fühlst
  • etc.

Lasst nicht die sozialen Netzwerke oder die Community darüber bestimmen, welchen Weg ihr geht! Dein Fetisch ist für dich da und andere sollten nicht darüber urteilen. Traut euch EUREN Weg zu gehen und geht ihn mit Stolz! Schaut unser Vorschaubild an, da ist unser Sklave mit dem Schutzanzug in den (nicht einsehbaren) Garten gegangen. Ihr müsst euch nicht krampfhaft in der Öffentlichkeit präsentieren, macht einfach das, was euch Spaß macht. Und wenn das nur bedeutet, dass ihr euch in Montur nur vor euer Gartenhaus setzt, dann ist das gut so!

Veröffentlicht von

Dennis

Mentor und Berater im Bereich Fetisch und BDSM. Du möchtest dich über Fetisch und BDSM unterhalten? Kommt gern auf mich zu. Egal ob Einsteiger oder Profi, ich unterstütze dich gern!

8 Gedanken zu „Wettkampf der Supersklaven – Verbannung „minderwertiger“ Fetischisten“

  1. Sehr treffend, Du bringst es auf den Punkt, Dennis. Es ist bei all den „Spielereien“ doch nur eines wichtig: Spaß haben. Egal ob es in das scheinbar übliche Bild eines Sklaven oder was auch immer passt. Jeder Jeck ist nunmal anders und genau das macht es doch am Ende aus. Viele aus der sogenannten „Familie“ rufen nach Vielfältigkeit und Toleranz, aber rümpfen die Nase, wenn jemand – sagen wir mal – als doggy auftaucht. Ich finde es ist perfekt, denn nur so ist die Welt nicht nur schwarz und weiss. „Mensch bleiben“ hat mal Hans Rosenthal gesagt und er hat verdammt recht.

    1. Danke Carsten, das bedeutet uns sehr viel. Auch wir stehen für Vielfalt und jeder sollte seinen EIGENEN Weg gehen, auch im Bereich Fetisch und BDSM. Und dafür setzen wir uns ein und stehen dafür.

  2. Sehr treffend geschrieben. Danke Dir, lieber Dennis für Deine klaren Worte.
    Zum einen ist es vollkommen absurd, wenn innerhalb der Community, die sehr um ihre Freiheit kämpfte und bis heute – in manchen Gegenden der Welt heute wieder mehr denn je! – kämpft, sich Mitglieder gegenseitig dumm anmachen oder einander herab werten. Anderswo kämpfen Leute mit unseren Interessen und Neigungen um ihre Anerkennung, ja sogar um die Freiheit so sein zu dürfen, wie man eben ist.

    ‚Wer hält es länger aus?‘ Prima Frage für die Fesselwette, klar. Aber in aller Freundschaft und persönlich, nicht über Social Media. Zwischen Freunden, die sich kennen, kein Ding.
    Aber sich mit irgendwelchen Menschen im Cyberspace messen, ist wie auf der Autobahn ein ‚Rennen‘ zu fahren: Egal wie viel PS Du hast, egal was Du Dir auf Deine Karre einbildest, es wird immer einer kommen, der schneller oder skrupelloser ist.
    Und dann? Was hat es Dir gebracht? DU kannst nicht wissen, ob das seine Karre ist, oder ob sie bezahlt ist… und dass auf Social Media auch viel mehr Schein als Sein sein kann, dazu habt Ihr im Fesselblog ja auch schon Euren Teil geschrieben…

    Deswegen, wir wollen alle Freunde bleiben – einige vielleicht auf den Knien und gut gefesselt, andere wedeln lieber mit den Schlüsseln für die Handschellen, aber das spielt doch keine Rolle. Genauso wenig, wie die Punkte, die Dennis oben anspricht.

    Mit 35 hört die Leidenschaft nicht plötzlich auf, oder?
    Und dass BDSM eine rein ‚weiße‘ Leidenschaft ist, wäre statisch wohl sehr unwahrscheinlich, oder?

    Die Liste kann man beliebig fortsetzen, aber der Punkt sollte klar sein. Wir wollen die Freiheit haben, so zu leben wie wir es wollen. Lasst es uns auch tun.

    Und was das mit dem ‚Ich kann länger als Du!‘ angeht – unter den englischen Bergwanderern sagt man so schön: ‚The decision to turn back was the best decision I ever made!‘
    Zu deutsch: ‚Die Entscheidung umzukehren war die Beste meines Lebens.‘
    Ihr müsst niemandem was beweisen, EURE Leistung ist Euer Maßstab. Wenn der Partner das nicht versteht, ist er der Falsche. Die Schmerzgrenze ist unterschiedlich und verändert sich über die Zeit. Beim Einen geht es schneller, beim Anderen eben nicht. Und wo es aufhört, das muss jeder selber merken. Da kann ein erfahrener Partner nur helfen, aber das war es auch schon.
    Ich hab neulich selber ne Keuschheitsschelle anprobiert – wahrscheinlich sitzt der Ring zu knapp, jedenfalls ist das für mich derzeit ne Grenze. Eine, die erst mal bleibt. (Kann sein, dass ich da bei Dennis und Kollegen mal nachfrage, aber das dann per Mail).

  3. Hallo Dennis,
    ich weiß nicht, ob du mir mit deinem Rat behilflich sein kannst.
    Ich hatte das letzte Mal vor über fünf Jahren Analsex, ich war der passive Partner. Nun möchte mich wieder ein Gay nehmen, aber ich habe Angst, dass der After sich dem eindringenden Partner soweit nachgibt, das der aktive Partner auch erfolgreich in mir sein kann. Danke!
    MfG Jo.

    1. Hallo Jo,
      ich hoffe, dass ich dir helfen kann. Beim Analverkehr der empfangende Partner zu sein, das bedeutet eine gewisse Vorbereitung. Manche „dehnen“ sich mit diversen Plugs etwas vor, andere machen das im Zuge eines Vorspiels. So wird der Anus mit den Fingern massiert und ggf. mit Dildos oder Plugs etwas vorgedehnt.
      Wichtig ist, dass du dem Partner, der anal in dich eindringen möchte, vertraust und dich auch entspannst.
      Sprich offen mit deinem Sexualpartner und dann werdet ihr eine gemeinsame Lösung finden. Vielleicht möchte er dich während des Vorspiels etwas dehnen, vielleicht will er aber auch, dass du beim Treffen bereits einen Plug trägst und somit bereits etwas gedehnt bist.
      Pass auf dich auf!

  4. Danke dir Dennis für deinen Ratschlag und die aufmunternden Worte. Ich hoffe, dass es klappt, wenn er wieder kommt und es tun möchte.

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