Wie oft haben wir diesen Satz bereits gehört? Und das manchmal aus dem eigenen Mund! Doch wie schafft man es sich zu trauen? Manchmal steht man sich bei der Erfüllung seiner Träume selbst im Weg. Doch wie kann man diese Hemmungen abbauen?
Wir oft habt ihr schon einmal ein Vorhaben im Bereich Fetisch oder BDSM nicht umgesetzt, weil ihr gewisse Vorbehalte hattet? Wir packen uns an der eigenen Nase und können sagen: Auch wir haben schon mehrfach bestimmte Praktiken abgelehnt oder mögliche Chancen auf ein BDSM-Abenteuer abgelehnt, weil wir Vorbehalte hatten. Noch bevor wir nach einer Lösung suchen, müssen wir uns die Ursache genauer anschauen. Wir haben uns deshalb mit vielen Freunden und Bekannten ausgetauscht und deren Erfahrungen dürfen wir mit euch hier teilen:
Produktanschaffung
Michaela (36) aus München: „Ich habe mir immer einen Halsreif gewünscht. Da gibt es ein paar schöne und zierliche Schmuckstücke. Doch mein Partner hat kein Interesse daran die Schlüssel an sich zu nehmen. Selbstverwaltet fand ich den Halsreif dann uninteressant und die Anschaffung blieb bis dato aus.“
Sexuelle Praktik
Joe (41) aus Ingolstadt: „Ich liebe meine Frau und der Sex ist wunderschön. Doch manchmal fehlt mir dabei etwas. So habe ich Fantasien selbst in den Anus gefickt zu werden. Mit einem Umschnalldildo könnte meine Frau das machen, aber ob ihr das auch gefallen würde? Ich habe Angst sie zu fragen!“
Sonja (32) aus Stuttgart: „Natursekt finde ich erregend. Die Vorstellung von meinem Mann ‚angepinkelt‘ zu werden ist unbeschreiblich. Doch weiß ich nicht, ob es ihm auch gefällt. Wir sind nicht die Hardcore-BDSM-Menschen, aber ab und zu verwenden wir ein paar Spielsachen oder fesseln uns gegenseitig. Ob ihm die feuchte Spielart auch gefällt, werde ich erst wissen, wenn ich ihn gefragt habe. Doch die Hürde ihn zu fragen ist groß.“
Kontrollabgabe
Chris (29) aus Wien: „Keuschheitsgürtel faszinieren mich schon lange. Ich habe mehrere probiert und mir dann einen Peniskäfig anfertigen lassen. Er trägt sich gut und für die Reinigung muss er eigentlich nicht abgelegt werden. Leider habe ich bisher noch keinen Keyholder getroffen, dem ich die Schlüssel anvertrauen würde. Viele haben anderweitige sexuelle Hintergedanken. So verwalte ich die Schlüssel selbst und die Fremdbestimmung bleibt aus.“
Andrea (36) aus Dortmund: „Egal ob privat oder beruflich, ich habe die Zügel immer in der Hand. Ich würde mich gern fallen lassen, doch schafft es mein Kopf nicht das Zepter abzugeben. Selbst wenn wir eine Session haben, so tut sich auch mein Mann schwer mich zu dominieren. Ich will nicht sagen, dass er zu soft ist. Selbst wenn ich die Kontrolle abgeben möchte, so bin ich tief in meinem Inneren scheinbar noch nicht bereit dazu.“
Gang in die Öffentlichkeit
Matthias (27) aus St. Gallen: „Vor ein paar Jahren habe ich mir eine Lederjeans gekauft. Bisher habe ich mich damit nicht vor die Haustüre getraut, obwohl es eigentlich nur eine Hose ist. Da es für mich aber viel mehr als nur eine Hose ist, habe ich das Gefühl, als würden mich alle deswegen anstarren. So trage ich sie aktuell nur zuhause.“
Sophie (24) aus Hamburg: „Lange habe ich meine sexuellen Vorlieben unterdrückt. In Gummi vor die Türe zu gehen, das war undenkbar. Gerade auch in der Wohnung der Eltern. Was wohl die Nachbarn dazu denken? Haben die Eltern bei meiner Erziehung komplett versagt? Oder geht die Tochter etwa auf den Strich? Dass es sich um einen Fetisch handelt und man sich darin einfach wohl fühlt, das können und wollen viele nicht verstehen.“
Der erste Schritt
Den ersten Schritt zu machen, kann eine echte Überwindung sein. Man muss sich entweder selbst trauen oder man hat Unterstützung. Die Unterstützung kann in Form eines Schubs oder eines Befehls sein. Manchmal kann es auch sein, dass man an der Hand genommen wird und in diese Welt mitgenommen wird. Das kann der Gang in die Öffentlichkeit sein, bei dem man gemeinsam in Fetischkleidung vor die Türe geht. Im Schutz der Gruppe ist es meist einfacher als allein. Auch der Gang in einen Sexshop kann eine Hürde sein. Doch im Zeitalter des Internetshoppings (inkl. Versand in neutraler Verpackung) wurde diese Angst dann doch etwas entkräftet.
Doch dann gibt es noch eine Hürde: Das Fetisch-Outing. Erfahrungsgemäß muss man erst zu sich selbst finden, damit man anderen mitteilen kann, was man eigentlich möchte. Erkenne dich selbst. Die Angst vor Ablehnung im sozialen Umfeld ist stark von den jeweiligen Personen abhängig. In unserem Umfeld haben die meisten verständnisvoll und auch neugierig reagiert. Von anderen Personen, die negativ auf diese Themen reagiert haben, hat man sich langfristig gelöst und bis heute nicht vermisst.
Jeder Mensch entwickelt sich auf seine Art. Der eine schneller, der andere langsamer. Manchmal kann ein Schubs eine bestimmte Entwicklung beschleunigen oder erleichtern. Doch eins ist sicher: Mit dem Alter kommt auch eine gewisse Reife. Was man sich mit 20 Jahren niemals getraut hätte, das ist mit 40 Jahren auf einmal kein Problem mehr. Noch dazu ändert sich auch die Welt. War Fetisch und BDSM vor 40 oder 50 Jahren noch ein Alleinstellungsmerkmal, so ist es heute salonfähig und massenkompatibel. Das zeigen auch die Medien wie Film, Fernsehen und natürlich das Internet.
Wir können an der Stelle nur sagen: Traut euch! Auch wenn es manchmal Überwindung kostet, steht zu euch und euren Vorlieben! Wir können nicht vorhersagen, ob ihr es bereut, wenn ihr euch nicht traut. Wir können euch nur einladen in eine Welt einzutreten, die euer Leben möglicherweise bereichern könnte.
Einen lieben Dank auch an unsere Leser, die uns für diesen Beitrag unterstützt haben. Und eins haben Michaela, Joe, Sonja, Chris, Andrea, Matthias und Sophie gemeinsam: Sie haben sich getraut! Das Ergebnis ist, dass sie ihre Vorlieben nun ausleben und sie dadurch ein Stück Lebensfreude gewonnen haben.
Es geht nicht immer von heute auf morgen. Manchmal dauert es eine Weile, bis man den Mut hat den ersten Schritt zu machen. Manchmal sind es Tage, manchmal Wochen und manchmal sogar Jahre. Das Tempo muss jeder für sich selbst entscheiden.
Matthias (27) aus St. Gallen: „Fast ein Jahr lang habe ich die Lederhose täglich zuhause getragen. Irgendwann kam ein Freund vorbei und hatte auch eine Lederhose an. Er nahm mich an der Hand und sagte zu mir: ‚Du ziehst dir jetzt deine Lederhose an und dann gehen wir ein Eis essen‘. Es war eine Erleichterung nicht allein zu sein in Lederhosen. Seit diesem Tag traue ich mich auch so allein vor die Türe. Vermutlich hätte ich mich irgendwann von selbst getraut. Ich bin meinem Freund unendlich dankbar, dass er mich an diesem besonderen Tag zum meinem Glück gezwungen hat.“
Ähnlich verhielt es sich auch bei unseren anderen Gesprächspartnern. War der erste Schritt gemacht, fiel eine Last von deren Schultern und das Leben war leichter und schöner und manchmal auch spannender. Traut euch anders zu sein. Traut euch nicht der Norm zu entsprechen. Traut euch zu leben!