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Lass die Schuhe bitte an – Retifismus

Wenn man bei Freunden zu Gast ist, dann zieht man meist die Straßenschuhe aus, um keinen Schmutz in die Wohnung oder das Haus zu tragen. Bei manchen Gastgebern kann es aber bewusst „lass die Schuhe bitte an“ heißen. Meist passiert das dann, wenn an den Schuhen mehr als nur optisches Interesse besteht.

Viele Menschen haben einen Fetisch für Schuhe oder Stiefel. Der Retifismus bzw. Schuhfetischismus ist weiter verbreitet, als man vielleicht denkt. Zudem erkennen viele diesen Fetisch gar nicht als solchen. Das mag daran liegen, dass ein Fetisch immer noch mit Perversion und abnormen Verhalten in Verbindung gebracht wird. Nur weil man ein gesteigertes Interesse an Schuhen hat und diese sammelt, muss man noch lange kein Perverser sein. Doch wo zieht man die Grenze?

Schuhpflicht

Was macht ihr im Normalfall, bevor ihr aus der Wohnung oder dem Haus geht? Ihr zieht euch Schuhe an, sofern ihr sie nicht schon zuvor anhattet. Die Vielfalt an Schuhen ist schier unendlich. Passend zu jedem Einsatzzweck gibt es passendes Schuhwerk. So dienen Schuhe oder Stiefel vorrangig einem Ziel: Dem Schutz unserer Füße. Würden wir ständig barfuß herumlaufen, wäre zum Schutz unserer Füße schon eine dicke Schicht Hornhaut gewachsen. Gerade im industriellen Umfeld gibt es eine Verpflichtung zum Tragen spezieller Sicherheitsschuhe. Aber nicht nur in Industrie und Handwerk gibt es Vorschriften bei den Schuhen, sondern in vielen anderen Bereichen auch.

  • Feuerwehrstiefel bei der Feuerwehr
  • Fußballschuhe (mit Stollen) beim Fußballspielen (outdoor)
  • Gummistiefel beim Metzger/Fleischer
  • Motorradstiefel beim Motorradfahren
  • Schlittschuhe bei Eishockey-Spielern
  • Schnittschutzstiefel bei der Forstarbeit
  • Ski-/Snowboard-Stiefel beim Wintersport
  • Springerstiefel beim Militär
  • Wanderschuhe/-stiefel bei Bergwanderungen
  • etc.

Natürlich hören wir schon ein gewisses „ja, aber“ in unseren Ohren. Muss ein Motorradfahrer wirklich Motorradstiefel tragen? Tatsächlich ich es in der Straßenverkehrsordnung nicht geregelt, aber in der Prüfungsverordnung. Also wenn ein Motorradfahrschüler keine passenden Motorradstiefel trägt, kann ihm die Zulassung zur Prüfung verweigert werden. Und Wanderstiefel in den Bergen braucht man doch auch nicht, oder? Nein, aber das kommt unter die Kategorie „gesunder Menschenverstand“.

Zweckentfremdung

Manche Schuhe oder Stiefel ziehen Fetischfreunde magisch an. Das kann ein Sneaker sein oder ein robuster Stiefel. Erwartet man unter gewissen Personengruppen ein bestimmtes Schuhwerk, so kann es befremdlich wirken, wenn man diese Schuhe in einem anderen Kontext findet. Feuerwehrstiefel im Büro, Gummistiefel im Kino, Skistiefel im Supermarkt oder Wanderstiefel im Bett können zu einem Blickfang werden.

Dieses abnorme Verhalten kann die Aufmerksamkeit auf sich lenken, da die Menschen eine gewisse Ordnung gewohnt sind. Wenn diese Ordnung gestört wird, dann kann es zu Verwunderung oder gar Ablehnung führen. In manchen Fällen kann es aber auch zu Belustigung oder sexueller Erregung führen.

Sexuelle Anziehungskraft

Was finden manche Fetischisten an Schuhen geil? Das kann viele Gründe haben. Angefangen bei der Optik oder dem Tragegefühl kann es auch die Personengruppe sein, für die der Schuh angefertigt wurde. Wenn jemand eine sexuelle Vorliebe für Soldaten in Flecktarn-Uniform hat, dann besteht vielleicht auch eigenes Interesse Springerstiefel zu tragen. Es steht aber nicht nur das eigene Tragen von Schuhen im Vordergrund, sondern manchmal nur der Besitz oder gar wenn andere Personen bestimmte Schuhe tragen. So stehen manche Männer darauf, wenn ihre Frauen hochhackige Stiefel tragen. Hier streiten sich dann die Geister, ob der Fetisch nur auf die Schuhe abzielt oder auf die jeweilige Person, welche die Stiefel dann trägt. Somit sind die Fetische breit gefächert.

  • Schuhe besitzen
  • Schuhe selbst tragen
  • Schuhe tragen müssen („Locked in Boots“)
  • Schuhe, die von einer anderen Person getragen werden
  • Schuhe lecken
  • Schuhe lecken, während sie von einer anderen Person getragen werden
  • Schuhe schnüffeln
  • Reiben der Schuhe am eigenen Körper (z.B. Geschlechtsteil)
  • etc.

Schuhe haben also bei manchen Menschen einen direkten Zusammenhang mit dem Ausleben ihre Sexualität. Das geht so weit, dass manche Sexualpartner für den Akt bewusst Schuhe oder Stiefel anziehen. Dies kann im Zuge eines Rollenspiels passieren, ist aber nicht zwingend erforderlich. Man muss dazu sagen, dass nicht alle Schuhe problemlos im Bett getragen werden können. Gerade Schuhe und Stiefel mit groben Sohlen können ein Verletzungsrisiko mit sich bringen. Nehmen wir als Extrembeispiel Schlittschuhe. Die Kufen von Schlittschuhen können nicht nur die Bettlaken zerschneiden, sondern auch bei direktem Hautkontakt zu Verletzungen führen. Ähnlich verhält es sich bei Motocrossstiefeln, die teils Metallbeschläge haben. Auch der Pfennigabsatz bei High Heels kann unangenehme Folgen im Bett haben.

Markenfetischismus

Ein Schuhfetisch ist oft nicht nur mit der Art des Schuhs, sondern auch dessen Marke verbunden. Der Markenfetischismus ist manchen Herstellern durchaus bewusst. Egal ob Sneaker von Nike, Feuerwehrstiefel von HAIX, Arbeitsschuhe von engelbert strauss, Schlittschuhe von Bauer oder Gummistiefel von Dunlop, manche Hersteller haben sich in der Fetischszene einen Namen gemacht. Den Herstellern ist darüber hinaus bewusst, dass vor allem private Kunden eine nennenswerte Kaufkraft haben. Warum sollte eine Privatperson Feuerwehrstiefel kaufen, wenn er nicht selbst bei der Feuerwehr ist. Vielleicht weil er geil auf diese Stiefel ist? Also warum nicht auch diese Kaufkraft potenzieller Kunden ausnutzen?

Film und Fernsehen

Hersteller von Schuhen und Stiefeln nutzen Filme und Serien gern für eine bewusste Produktplatzierung. Manche dieser Auftritte kann man durchaus als Schleichwerbung betrachten. Eine der populärsten Produktplatzierung für Markenschuhe fand im Jahr 1989 statt. Im Film „Zurück in die Zukunft – Teil II“ (© 1989, Back to the Future Part II) trägt die Hauptfigur Marty McFly (gespielt von Michael J. Fox) Schuhe der Marke Nike. Im Jahre 2011, also 22 Jahre nach dem Kinostart des Films, brachte Nike Inc. diesen Schuh in einer limitierten Auflage von knapp über 1500 Stück unter dem Produktnamen „Nike Mag“ auf den Markt. Einige Fans gaben mehrere tausend US-Dollar dafür aus, damit sie ein Exemplar ihr Eigen nennen konnten. Ab und zu kann man auch heute noch in manchen Auktionshäusern diese Schuhe zu stark überteuerten Preisen finden.

Schuhe wurden aber auch in anderen Filmen oder Märchen wie zum Beispiel Cinderella sogar bewusst in den Fokus gestellt. Wobei hier weniger die Marke, sondern mehr der Schuh an sich im Vordergrund stand, in diesem konkreten Fall ein gläserner Damenschuh. Die französische Romanvorlage „Cendrillon ou la Petite Pantoufle de verre“ (übersetzt: „Cendrillon oder der kleine gläserne Pantoffel“) stammt bereits aus dem 17. Jahrhundert. Wir glauben aber nicht, dass es sich beim Autor um einen Schuhfetischisten handelte. Weitere Beispiele aus diversen Filmen:

  • Rote Damenschuhe in „Der Zauberer von Oz“ (© 1939, The Wizard of Oz)
  • Reebok Alien Stomper in „Aliens – Die Rückkehr“ (© 1986, Aliens)
  • Overknees in „Pretty Woman“ (© 1990, Pretty Woman)
  • Reebok Pump Sneaker in „Robin Hood – Helden in Strumpfhosen“ (© 1993, Robin Hood: Men in Tights)
  • Nike Cortez in „Forrest Gump“ (© 1994, Forrest Gump)
  • Nike Air Jordan in „Space Jam“ (© 1996, Space Jam)
  • Onitsuka Tiger in „Kill Bill – Volume 1“ (© 2003, Kill Bill: Volume 1)
  • Lederstiefel in „Der gestiefelte Kater“ (© 2011, Puss in Boots)

Schuhe als Dekoration

Schuhe sind eigentlich dazu da, getragen zu werden und unsere Füße zu schützen. Doch manchmal sind Schuhe auch zum Spielen da. Klingt seltsam, doch die Firma LEGO® aus Dänemark hat die Sneaker „adidas Originals Superstar“ als Klemmbausteinsammlerstück herausgebracht.

LEGO® adidas Originals Superstar - Copyright 2024, lego.com
LEGO® adidas Originals Superstar – Copyright 2024, lego.com

Spätestens mit dieser Veröffentlichung haben es Schuhe nicht nur an die Füße, sondern auch in die Wohnzimmervitrine geschafft. Schuhe können in manchen Räumen ein gewisses Ambiente erzeugen. Warum also nicht einfach mal Gummistiefel ins Wohnzimmer stellen oder Sneaker auf den Nachttisch? Die Schuhe müssten nicht unbedingt eine Stolperfalle sein, sie können auch ins Regal oder die Vitrine gestellt werden wie die Klemmbausteinvariante.

Shoey – Schampus aus Schuhen trinken

Nicht jede Person hat eine Champagnerrinne (senkrechte Vertiefung am Oberbauch), aus der man edle Getränk zu sich nehmen kann. Im Bauchnabel kann es angeblich schön prickeln, wobei und das ehrlich gesagt immer zu viel Sauerei war und wir dann doch lieber Gläser genommen haben. Ein Trend namens „Shoey“ war besonders in Australien verbreitet und ist inzwischen international bekannt. Das Trinken aus einem Schuh kann als Glücksbringer oder auch als Bestrafung dienen. Auf manchen Hochzeiten war es früher Standard Champagner aus einem Damenschuh zu trinken. Die Beweggründe mögen hier unterschiedlich gewesen sein. Der australische Rennfahrer Daniel Ricciardo machte diese Tradition populär.

Daniel Ricciardo - Shoey - Copyright by formula1.com
Daniel Ricciardo – Shoey – Copyright by formula1.com

Dem Trend folgten weitere Größen wie Motorradrennfahrer Valentino Rossi.

Valentino Rossi - Shoey - Copyright by eneos.us
Valentino Rossi – Shoey – Copyright by eneos.us

Und plötzlich war der Trend allgegenwärtig. Auf dem Oktoberfest sauften die Besucher reihenweise Bier aus ihren Haferlschuhen und auf diversen Musikfestivals war der „Shoey“ auch keine Seltenheit mehr. Unabhängig vom „Shoey“-Trend gibt es seit vielen Jahren auch Trinkgläser und Bierkrüge in Form von Stiefeln Diese werden gern für Trinkspiele verwendet. Hier ein Beispiel aus dem Hofbräuhaus München:

Hofbräuhaus München Bierkrug Stiefel - Copyright by bavaroi.de
Hofbräuhaus München Bierkrug Stiefel – Copyright by bavaroi.de

Popkultur

Unabhängig von Filmen wurden Schuhe und Stiefel auch schon besungen. „These Boots Are Made for Walkin‘“ von Nancy Sinatra landete in den 60ern in den internationalen Charts. Und so besangen viele Sänger wie Elvis Presley bestimmte Schuhe wie in „Blue Suede Shoes“ oder gleich bestimmte Marken wie in „My adidas“ von Run-DMC. Über die genauen Hintergründe für diese Lieder kann man oft nur spekulieren. Vielleicht war auch irgendwo ein Fetisch dabei. Oder doch nur eine bewusste Marktplatzierung diverser Schuhe und/oder Marken.

Schulterschuhe

Wer schon einmal in den Kamasutra geschaut hat, der wird festgestellt haben, dass es sehr viele verschiedene Varianten für Sexstellungen gibt. In einigen davon kann es passieren, dass die Füße eines Partners oder einer Partnerin auf den Schultern landen. Wenn diese Person dann noch Schuhe oder Stiefel trägt, spricht man von „shouldershoes“ oder zu Deutsch „Schulterschuhen“. Diese können für beide Sexualpartner interessant sein. Optik, Geruch, Geschmack, Geräusch (beim Laufen)… der Vorliebe sei keine Grenzen gesetzt. Oft wird der Begriff Schulterschuhe mit High Heels in Verbindung gebracht. Hochhackige Schuhe können unter Umständen sogar bestimmte Sexstellungen begünstigen. Wenn zum Beispiel eine (von der Körpergröße her) kleine Frau und ein großer Mann Sex haben, so kann das Tragen von High Heels bei der Frau dafür sorgen, dass bestimmte Stellungen im Stehen einfacher zu praktizieren sind als ohne Schuhe, da die weiblichen Geschlechtsorgane einfach ein paar Zentimeter weiter oben sind.

Fickstiefel

Der Begriff Fickstiefel ist für viele Personen eher abwertend. Und doch ist er weit verbreitet. Es handelt sich hierbei um hochhackige Damenstiefel, die dem (männlichen) gegenüber andeuten soll, dass die Frau gewillt ist Sex zu haben. Das ging teilweise so weit, dass „käufliche Frauen“ durch die Farben ihre Stiefel oder Farben der Schnürsenkel ihren Freiern bestimmte Sexualpraktiken suggerierten. Belege dafür sind heute allerdings nur sehr schwammig zu bekommen und mehrere Quellen machen zwar Vergleiche zum Hanky Code, allerdings gab es gerade bei der Farbwahl und der damit verbundenen Fetische starke Abweichungen.

Schuhe an oder lieber aus?

Je mehr wir uns in das Thema eingearbeitet haben, desto umfangreicher wurde unsere Recherche und auch der Artikel. Doch nun stellen wir die Frage an euch. Zieht ihr für das Liebesspiel Schuhe an oder werden die vorher ausgezogen? Oder kommt es vielleicht darauf an, ob ihr ein Rollenspiel betreibt und eine bestimmte Rolle einnehmt? Schreibt uns gern eure Erfahrungen, wir freuen uns auf eure Zusendungen.

Veröffentlicht von

Dennis

Mentor und Berater im Bereich Fetisch und BDSM. Du möchtest dich über Fetisch und BDSM unterhalten? Kommt gern auf mich zu. Egal ob Einsteiger oder Profi, ich unterstütze dich gern!

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