Copyright 2021, mit freundlicher Genehmigung von David Dehner

I am one of Tom’s men – Ein Lederkerl erzählt uns seine Geschichte

Leder ist nicht einfach nur ein Material. Leder ist eine Leidenschaft und diese wird von tausenden Menschen auf der ganzen Welt „erlebt“. Eine Leidenschaft, welche die Menschen verbindet und einen besonderen Menschen konnten wir für ein Interview begeistern. Und seine Geschichte reicht mehrere Jahrzehnte zurück in die Anfangszeigt der Lederszene.

Fesselblog: Hallo David! Vielen Dank, dass du dir für ein Interview für unseren Fesselblog Zeit genommen hast. Es ist für uns immer spannend Menschen aus der Community zu treffen und sich mit ihnen auszutauschen. Laut einem bekannten deutschen Lied fängt das Leben erst mit 66 Jahren an. Wie jung fühlst du dich?

David: 1989 wurde bei mir AIDS diagnostiziert und ich hatte nur acht T-Zellen, als ich in eine Testgruppe für Crixivan® (Indinavir) Jahre später, als sich das Medikament im Versuchsstadium befand, aufgenommen wurde. Ich habe seither das Leben täglich gefeiert, nachdem ich durch diese Hölle gegangen bin. Mein Alter wird Tag für Tag gezählt, nicht nach Jahren, und jeder Tag beginnt mit der Suche nach Wundern, Ehrfurcht und Überraschungen.

Fesselblog: Wie war es, als du deinen eigenen Fetisch zu Leder und Stiefeln entdeckt hast? Wie alt warst du damals?

David: Die früheste Erinnerung an diese Leidenschaft kam im Alter von ungefähr 6 Jahren, als ich einen jungen Mann in Reitstiefeln auf einer Plantage beobachtete. Wirklich gefestigt hat sich der Fetisch so richtig, als ich im Alter von 21 Jahren mein Mietgeld für eine maßgeschneiderte Lederhose ausgab.

Fesselblog: Hattest du Angst in der Öffentlichkeit deinen Fetisch auszuleben?

David: Ich war stolz darauf, ab dem 16. Lebensjahr in Frye-Stiefeln in der Öffentlichkeit unterwegs zu sein. Ich habe mich nicht darum gekümmert, was andere dachten. Ich trug sie sogar heimlich im Bett. Mein Glaube ist Teil meines Seins und ging oft in voller Ledermontur zur Grace Cathedral, meiner Glaubensgemeinde in San Francisco. Die meisten schwulen Männer hassten es, mich dort in Leder zu sehen. Ich bin ehrlich zu mir und ich bin ehrlich zu Gott, um zu beweisen, dass die Kirche tatsächlich „ein Gebetshaus für ALLE Menschen“ ist. Und ich trug Leder und Uniformen in der Öffentlichkeit, bevor ich Biker wurde.

Fesselblog: Konntest du deine Vorliebe für Leder mit deinem Partner teilen?

David: Meine Lebensgefährten waren auch in Leder unterwegs und das sind sie bestimmt noch heute, auch wenn sich manche gemeinsamen Wege getrennt haben.

Fesselblog: Dein Nachname lautet Dehner. Bist du mit den Dehner Schuhmachern aus USA verwandt?

David: Nein, es besteht kein Verwandtschaftsverhältnis. Mit 33 Jahren änderte ich meinen Nachnamen in Dehner. Mein gebürtiger Familienname war von Kindheit an sehr schmerzhaft. Ein wirklich schrecklich klingender Name für jemanden, der schwul ist. Der Name „Dehner“ war hier die erste Wahl, da ich deutsche Vorfahren habe und die Stiefel der Marke Dehner sehr liebe. Durk Dehner (Mitgründer der Tom of Finland Foundation) änderte seinen Namen ebenso wie zwei seiner Liebhaber. Ich bin dieser Familie beigetreten, ohne mit Durk in einer Beziehung gewesen zu sein. Alle drei gaben mir zuerst die Erlaubnis. Das einzige Problem war, dass die Portugiesen die Namensänderung nicht verstanden haben. Als Akte lag ihnen damals nur die Geburtsurkunde vor. Portugiesen verwenden ihre Geburtsurkunde als rechtliches Dokument. Ich musste es nie vor Gericht ändern lassen, weil INS (Immigration and Naturalization Service) „Dehner“ auf meinen Pass gesetzt hat!

Fesselblog: Du hattest die Ehre den echten „Tom of Finland“ kennenzulernen. Was ist das für ein Gefühl und vermisst du ihn?

David: Tom of Finland (mit bürgerlichem Namen Touko Valio Laaksonen) und ich wurden in den letzten zehn Jahren seines Lebens Freunde und es war mir eine Ehre, auch für die „Tom of Finland Company“ und die „Tom of Finland Foundation“ im Büro zu arbeiten. Sein schönstes Geburtstagsgeschenk für mich war das zweite jemals handsignierte Exemplar des Films „Daddy and the Muscle Academy“ in dem Jahr, in dem der Film veröffentlicht wurde. Durk Dehner erhielt das erste Exemplar. „I am one of Tom’s men.“ ist die am häufigsten wiederholte Zeile im Soundtrack zum Film und bleibt mein Vermächtnis an ihn, da es mein persönliches Zitat war, welches ich für den Film aufgezeichnet habe. Es ist mir auch eine Ehre, auf der Leinwand  „Tom of Finland“-Männer in Polizeiuniform zu vertreten.

Fesselblog: Du hast damals miterlebt, wie sich AIDS verbreitet hat. Man nannte es die „Schwulen-Krankheit“. Hast du durch diesen Virus Menschen in deinem näheren Umfeld verloren?

David: Ich habe zu viele persönliche Freunde durch AIDS verloren und in meinen Erinnerungen sind sie alle noch sehr nah bei mir. Ich habe deshalb alle meine Motorräder nach meinem „großen Bruder“ Butch Dehner benannt. Es war nur eine „Schwulen-Krankheit“, weil die republikanische Partei es so nannte und es ihnen Millionen an Hassgeldern für politischen Gewinn einbrachte. Meine eigene Regierung war aktiv gegen eine Heilung und wollte, dass ich und alle AIDS-Patienten sterben.

Fesselblog: Du bist in USA aufgewachsen und später nach Portugal ausgewandert. Was waren die Gründe für diese Entscheidung?

David: Nach einer 10-jährigen Fernbeziehung haben mein Mann und ich in der „Christ Church Lutheran“ uns das Ja-Wort gegeben, nachdem der Oberste Gerichtshof zu unseren Gunsten entschieden hatte und wir legal heiraten durften. Einige Monate später zog ich nach Portugal, um mit meinem Mann in seiner Heimatstadt gemeinsam zu leben. Meine damalige Wohnung wurde verkauft und der neue Vermieter hat den Umzug zum Teil mitfinanziert.

Fesselblog: Welche Gefühle verbindest du damit, wenn du auf dein Motorrad steigst?

David: Seit dem Umzug vor sieben Jahren war ich nicht mehr auf einem Motorrad. Ich hoffe das ändert sich, sobald die notwendigen Mittel verfügbar sind. Ein Motorrad ist für mich eine Erweiterung meiner Sexualität und der Freiheit der Rebellen. Die meisten Motorräder in Kalifornien waren Kawasaki KZ1000 Police Specials von lokalen Dienststellen und Beamten, die sie beruflich gefahren hatten, also tatsächlich ehemalige Dienstmaschinen.

Fesselblog: Du hattest früher verschiedene Motorräder. Welches war dein Lieblingsmotorrad?

David: Mein Lieblingsmotorrad ist das oben erwähnte CHP-Bike (California Highway Patrol). Aber ich liebe es mit meinem Mann (als Sozius) gemeinsam auf einem Motorrad zu fahren. Dazu brauchen wir aber ein „großes“ Motorrad, welches uns beide von der Zuladung her aushält, z.B. ein Motorrad von BMW oder Honda.

Fesselblog: Wenn du die Zeit zurückdrehen könntest, in welches Jahr würdest du zurückreisen wollen?

David: Zehn Jahre nach „The Summer of Love“ in San Francisco, Mitte der 70er Jahre: Die erste Welle der sexuellen Revolution!

Fesselblog: Was sich früher in Clubs und Bars abgespielt hat, das findet heute oft nur noch am Computer oder Smartphone statt. Wenn du die heutigen sozialen Netzwerke anschaust, vermisst du dann das Dating von früher?

David: Unpersönliche Kommunikation ohne Augenkontakt kann nicht mit der Vorbereitung auf ein Ausgehen mit echten Menschen an realen Orten verglichen werden. Wenn Überraschungen nur auf das beschränkt sind, wonach man direkt sucht, kommt es zu mehr Enttäuschungen und künstlichen Voraussetzungen, weil es an dem mangelt, was man zwischen den Zeilen (nicht) findet – die Realität!

Fesselblog: Du hast mit Sicherheit mehr als nur ein Lederoutfit. Mit welchem Teil verbindest du die schönsten Momente und Erinnerungen und warum?

David: Als einer meiner Mitbewohnerfreunde mich in voller Ledermontur und Codpiece-Hosen auf der Couch liegen sah, zeigte er auf meinen Schritt und fragte: „What’s that?“ Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „That is your lunch!“

(Anmerkung der Redaktion: Codpiece kann man mit "Schamkapsel" oder "Gliedschirm", furchtbare deutsche Wörter, übersetzen. Es handelt sich in diesem Fall um ein abnehmbares Teil der Hose, welches den Schambereich bedeckt. Besonders beliebt bei den Herren, die ihre komplette Montur beim Geschlechtsverkehr gern anlassen und eben nur das "Codpiece" dazu entfernen brauchen.)

Fesselblog: Wenn ein junger Mann zu dir kommen würde und dich um deinen persönlichen Rat für ein Lederoutfit bitten würde, was würdest du ihm empfehlen?

David: Trage das, was dir gefällt und du das Gefühl hast, dass es dich vervollständigt… und nicht das, was andere denken.

Fesselblog: Das Thema BDSM ist dir nicht fremd. Welche Seite bevorzugst du? Die devote oder die Dominante Seite?

David: Ich bin gegen das Schwarz-Weiß-Denken und habe das Gefühl, dass man Menschen nicht krampfhaft in diese zwei verschiedenen Rollen einteilen kann. Was ich bevorzuge sind sexuelle Begegnungen, bei denen man sich nahe genug ist um herauszufinden, welche innersten Wünsche der andere hat, ohne vorab alles besprechen zu müssen.

Fesselblog: Siehst du dich als „Daddy“?

David: Ja, ich bin sicherlich ein „Daddy“ mit Erfahrung und einigen Jahren, die bereits hinter mir liegen.

Fesselblog: Gibt es etwas, was du unseren Lesern noch mitteilen möchtest?

David: Wenn du offen für ein Abenteuer bist, begebe dich mit Leidenschaft auf die Suche nach einem. Aber setze deine Erwartungen nicht zu hoch, damit du nicht enttäuscht wirst und erfreue dich an dem, was du findest. Viel Spaß bei deinem persönlichen Abenteuer. Bleib nicht stehen, sondern bewege dich. Tritt aus der Dunkelheit ans Licht und sei stolz auf dich selbst. Lass andere an deiner Wahrheit teilhaben und verstecke dich nicht!

Fesselblog: Vielen Dank für das Interview und wir wünschen dir noch viele gesunde Jahre und viele spannende Moment in Leder. Und wir hoffen sehr, dass für deinen Mann und dich noch viele spannende Abenteuer da draußen auf euch warten!


Das Interview wurde sinngemäß aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Wer direkten Kontakt zu David aufnehmen möchte, der kann ihn auf BLUF oder Recon anschreiben.
BLUF-Nummer: 857.
Recon-Profil: DehnersGuy

Möchtest auch du dich vorstellen und deinen Fetisch mit uns teilen? Dann melde dich bei uns. Du kannst uns an kontakt@fesselblog.de eine E-Mail schreiben. BDSM und Fetisch verbindet uns alle und die Geschichten und Emotionen hinter den Fetischen ist oft noch spannender als der Fetisch selbst. Wie seid ihr auf euren Fetisch gekommen? Wann konntet ihr ihn zum ersten Mal ausleben? Oder gibt es da vielleicht noch eine nicht ausgelebte Vorliebe, die sich vielleicht noch zum Fetisch formen könnte? Wir freuen uns auf eure Zuschriften!

Veröffentlicht von

Dennis

Mentor und Berater im Bereich Fetisch und BDSM. Du möchtest dich über Fetisch und BDSM unterhalten? Kommt gern auf mich zu. Egal ob Einsteiger oder Profi, ich unterstütze dich gern!

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