Wissen ist Macht, nichts wissen macht auch nichts. Doch im BDSM ist nicht nur Wissen Macht sondern eher das physische und psychische Herrschen über einen unterwürfigen Menschen. Bei intensiven Sessions kann es sein, dass der Devote in Ohnmacht fällt und das nicht nur im übertragenen Sinne.
Eine BDSM-Session mit zwei (oder mehreren) Teilnehmern kann sehr intensiv sein. Es kann unter Umständen sogar sein, dass jemand in Ohnmacht fällt, was für die anderen Beteiligten eine medizinische Herausforderung darstellt. Es gibt sogar Devote, die fordern von ihrem „Service Top“ die Ohnmacht ein. Doch Ohnmacht ist nicht gleich Ohnmacht. Bevor hier ungewollt die Lichter ausgeknipst werden sollte man diesen Wunsch genau hinterfragen.
Ohnmacht im psychologischen Sinne:
Im psychologischen Sinne kann man Ohnmacht auch mit Machtlosigkeit gleichsetzen. Das Gefühl von Hilflosigkeit und ausgeliefert zu sein ist für viele devote BDSM-liebhaber ein großer Traum. Nur so können sie sich in einer Session vollkommen fallen lassen und die Macht des dominanten Partners entsprechend fühlen und auch darauf eingehen. Diese Machtspiele können bei sanften Gemütern auch Traumata hervorrufen, von daher ist hier eine gewisse Vorsicht geboten. Die einen wollen dieses Gefühl der Ohnmacht ausschließlich innerhalb einer geschlossenen Session erleben. Andere sehnen sich nach einem Dauerzustand, so ist die rein physische Anwesenheit des Dominanten ausreichend, dass das innere Gefühl über die Machtverhältnisse zu spüren ist.
Ohnmacht im medizinischen Sinne:
Im medizinischen Sinne wird eine Ohnmacht auch als Synkope oder Kollaps bezeichnet. Im Englischen würde man Blackout dazu sagen. Hierunter versteht man eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit. Ein devoter Spielpartner wird in einer Session so weit gebracht, dass er kurzzeitig das Bewusstsein verliert und somit vollkommen hilflos ist. Ein Ritt auf einer scharfen Rasierklinge, denn dieses Spiel kann ernsthafte gesundheitliche Konsequenzen haben.
Doch wie und warum kann bzw. möchte man eine Synkope erreichen? Für die einen ein ultimativer Kick und Vertrauensbeweis, für die anderen ein unvorstellbares und unnötiges medizinisches Risiko. Leider sind hier häufig chemische Stoffe im Einsatz. Betäubungsmittel, Rauschmittel und andere Aphrodisiaka (z.B. Stinkesocken, kleiner Scherz). Damit „knallen“ sich dann manche Spielpartner ihren Verstand weg, bzw. sie knallen sich selbst in einer Session weg. Andere erleben einen Blackout über Atemkontrollspiele, welche ebenfalls sehr gefährlich sein können und nur für geübte Spielpartner, die sich vollkommen vertrauen, geeignet sind.
Wir möchten an dieser Stelle nochmal betonen, dass solche Spielarten äußerst gefährlich sind. Menschen mit niedrigen Blutdruck oder anderen Herz-Kreislauf- und/oder Atemwegserkrankungen sollten davon Abstand halten.
Und sollte es doch zu einer Synkope kommen, dann unbedingt die Notrufnummern griffbereit halten, sollte der Ohnmächtige nicht wieder das Bewusstsein erlangen! Die deutschen Notrufnummern könnt ihr hier oder im Downloadbereich kostenlos herunterladen. Diese am besten gut sichtbar im Spielzimmer anbringen. Vorsicht ist besser als Nachsicht!
Auch im nicht-sexuellen Bereich sind Ohnmachtsspiele oder Würgespiele durchaus verbreitet. Wir haben bei unserer Recherche auch einige auf der einen Seite interessante und auf der anderen Seite schockierende Bilder und auch Videos im Internet auf diversen Plattformen gefunden. Bei solchen Würgespielen wird dem Opfer im wahrsten Sinne des Wortes der Atem geraubt und der Sauerstoffmangel schaltet den Körper in „Alarmmodus“ und kurz vor Eintreten der Ohnmacht kommt es zu einem kurzen „Rauschzustand“. International ist es bei solchen „Choking Games“ schon zu Todesfällen gekommen. Zudem kann ein Sauerstoffmangel auch bleibende Hirnschäden verursachen.
Damit beenden wir die Schauergeschichten. Um den Kreis zu den verschiedenen Arten von Ohnmacht zu schließen stellt sich natürlich die Frage, warum manche devote Spielpartner sich danach sehnen. Es geht hier stark in Richtung TPE („Total Power Exchange“), also der totale Machtaustausch. Wenn ein Master befiehlt „spring“, dann hat der Sklave nicht zu fragen „warum“, sondern nur „wie hoch“.
Man könnte jetzt natürlich vom umgangssprachlichen „blinden Vertrauen“ sprechen, aber das wäre an dieser Stelle wohl eher missverständlich, auch wenn dem Sklaven die Sinne geraubt werden. Auch bei weit geöffnetem Auge sollte man sich gegenseitig vollkommen vertrauen können. Und kann man seinem Gegenüber in einer Session nicht vertrauen, dann sollte man sich sehr gut überlegen, auf welche sexuellen Spielereien man sich mit diesem Menschen einlässt oder ob man die Session nicht sogar vorsorglich abbricht.
Sollte ein devoter Spielpartner zu euch sagen, dass er Ohnmachtsspiele geil findet, dann muss es noch lange nicht heißen, dass dieser bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt werden möchte. Es kann gut sein, dass er die psychologische Ohnmacht meint und von daher „nur“ das Gefühl der Auslieferung stark genießt und eine strenge Hand wünscht, die dieses Gefühl hervorruft.
Und für den Fall, dass ein Spielpartner doch gewollt oder ungewollt in Ohnmacht fällt:
- Person ansprechen
- je nach Fesselung diese umgehend lösen
- Atmung kontrollieren
- ggf. Knebel oder Masken, die die Atemwege einschränken, entfernen
- immer bei der Person bleiben
- Notruf absetzen
- stabile Seitenlage
- etc.
Man sollte immer ein Telefon griffbereit haben. Egal ob Festnetz oder Mobiltelefon, bitte auch darauf achten, dass der Akku geladen ist! Zudem ist es empfehlenswert eine oder mehrere Flaschen Wasser bereitzustellen. Es kann durchaus sein, dass man Durst während einer Session bekommt. Auch nach einer Ohnmacht sollte man demjenigen auch ein Glas Wasser anbieten können.
Und noch eine Frage zum Abschluss: Wie lange ist euer „Erste Hilfe“-Kurs her? Die meisten werden wohl sagen, dass sie damals für den Führerschein am Kurs „Lebensrettende Sofortmaßnahmen am Unfallort“ teilgenommen haben. Vielleicht sollte man hier seine Kenntnisse nochmal etwas auffrischen. Und das gilt nicht nur für den Top, sondern für beide Spielpartner.
Redet miteinander! Sprecht über eure Wünsche, Gefühle und auch eure Grenzen. Und vor allem: Passt aufeinander auf, damit ihr noch viele schöne BDSM-Momente erleben könnt! Danke!
Ich hätte nie gedacht, dass ich mal meine Erste-Hilfe-Technik für einen Spielpartner brauche – und doch war es so. Und er war gefühlte 40 kg schwerer als ich. Ist mir stehend kollabiert und ich musste ihn halten und dann möglichst sanft in die Waagerechte bringen, Füße hoch, Kreislauf stabilisieren, Wasser trinken, gute Laune zurückholen.
Herzlich willkommen in der Realwelt, dachte ich mir im Nachhinein. Am Notarzt grad so vorbei geschrabbt.
Jeder ist anders.
Und jeder hat auch irgendwie andere Grenzen, die beachtet sein wollen.
Und nur weil jemand sein Maul sehr weit aufreisst, was er denn so gerne alles erleben möchte, heisst es nicht, daß man weitermachen soll, wenn er mit einem Mal hellgrün wird im Gesicht – und das kann s e h r schnell gehen!
Action muss safe sein. Und Fun nicht um jeden Preis. Holzauge sei wachsam, ist so. Again what learned – ich spiel nicht mehr mit Junx, die ich nicht potentiell auch tragen oder heben könnte…
Danke Martin!
Man sollte jedoch nicht darauf verzichten müssen sich auf einen Spielpartner einzulassen, der von der Statur her „mehr“ ist als man selbst. Das betrifft auch gerade Frauen. Wenn das achso starke Geschlecht vor einer dominanten Frau kollabiert, dann kann in den wenigsten Fällen diese den Mann auch „stemmen“. Aber das muss nicht sein, es kommt ja nur auf die Technik an. Und die zum Beispiel die stabile Seitenlage bekommt man unabhängig vom eigenen Körpergewicht und dem Körpergewicht des „Patienten“ immer hin.