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Vom Freund zum Master – Hierarchien – BDSM im Alltag (Teil 4)

Liebhaber von Fetisch und BDSM wissen, wie schön es ist diese Vorlieben auszuleben. Doch auch unabhängig von physischen Handlungen kann BDSM auch Einzug in unseren Sprachgebrauch bekommen. Was ist, wenn man einen alten Bekannten plötzlich nicht mehr mit Namen, sondern nur noch mit Sir oder Master ansprechen darf? Der Beginn einer hierarchischen Freundschaft.

Ich möchte ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern, denn etwas beschäftigt mich. Seit einigen Jahren bin ich in direktem Kontakt mit vielen wundervollen Personen, die BDSM liebgewonnen haben und deren Begeisterung auch auf mich übergesprungen ist. Man tauscht seine Erfahrungen aus und manche Dinge werden gemeinsam ausprobiert oder gar intensiv ausgelebt.

Die Anzahl der Kontakte im Bereich BDSM und Fetisch haben sich seit dem Start unseres Blogs im Jahre 2017 nochmal gewaltig gesteigert und mancher „alte Kontakt“ wurde reaktiviert. So bekommen wir viel Unterstützung und Zuspruch von unseren Freunden und der Kontakt zu einer bestimmten Person hat sich seit ein paar Monaten verändert. Was ist passiert?

Vor ein paar Monaten hat sich ein alter Bekannter bei uns gemeldet und wir sind in einem durchaus regen Austausch. Doch irgendwann kam eine unerwartete Bitte. Der Bekannte bat mich, ob er mich mit „Sir“ und in der Sie-Form ansprechen und anschreiben dürfe und ob ich ihn Sklave nennen könnte. Ein zuerst einfacher Wunsch, der sich mit einfachen Mitteln umsetzen lässt. Aber es sollten nicht nur Worte sein, sondern es ging um das Verinnerlichen der Bedeutung hinter den Worten.

Es fühlt sich gut an, Sir genannt zu werden, es fühlt sich „richtig“ und dennoch ein wenig fremd an. Doch da war noch die Benennung des Sklaven. „Sklave“ kann in einer Session ein sehr geiles Wort sein, doch im Alltag kann es dann doch manchmal abwertend klingen. Zudem suggeriert das Wort, dass es sich hier um eine Person handelt, die von einer anderen Person abhängig ist und gar unterworfen wird. Bisher wurde das Wort von mir nur ausgesprochen, wenn diese Unterwerfung in direktem Zusammenhang mit mir persönlich stand. Doch jemanden „Sklave“ nennen, obwohl man selbst nicht sein (direkter) „Master“ ist, fühlt sich neuartig an. BDSM findet eben doch im Kopf statt.

Die Wochen vergingen und der (fast) tägliche Dialog schritt voran. Ich wurde in der Sie-Form und mit „Sir“ angesprochen und mein Gegenüber wurde mit „du“ und „Sklave“ angesprochen. Ein erstes Feedback stand an und mein Bekannter war glücklich. Es würde ihm helfen, sich in dieser Hierarchie besser zurecht zu finden. Er möchte sein Sklavendasein nicht nur auf physische Sessions beschränken, sondern es eben auch im Alltag verinnerlichen. Die Tatsache regelmäßig als „Sklave“ angesprochen zu werden hilft ihm dabei.

Der nächste Schritt steht an, denn irgendwann möchten wir uns persönlich treffen. Es ist einfach die Worte Sir und Sklave zu schreiben, aber diese Worte laut in der Öffentlichkeit auszusprechen nimmt dann nochmal ungeahnte Dimensionen an. Die Reaktion in der Gesellschaft kann befremdlich sein, da diese Worte sich weniger in unserem alltäglichen Sprachgebraucht finden oder gar in einem völlig anderen und möglicherweise negativen Kontext gebracht werden.

Stell euch mal vor, ihr sitzt in einem Restaurant und am Nebentisch fallen Sätze wie:

  • „Was möchtest du essen, Sklave?“
  • „Sir, bestellen Sie für mich das Abendessen oder darf ich mir selbst etwas aus der Speisekarte aussuchen?“
  • „Sklave, brauchst du eine neue Windel oder ist deine Windel noch trocken?“
  • „Sir, darf ich Sie einladen und die Rechnung übernehmen?“

Sätze, die in einer hierarchischen Beziehung vollkommen legitim sind, doch in der Öffentlichkeit für irritierte Blicke sorgen können. Was bezweckt man damit? Auf der einen Seite soll der Sklave durchaus sein Sklavendasein 24/7/365 verinnerlichen und auf der anderen Seite kann es für eben diesen Sklaven eine erniedrigende Erfahrung sein. Jeder Außenstehende wird aufmerksam, dass es sich um eine devote Person handelt, die von einer dominanten Person kommandiert wird. Es ist allerdings eine Gratwanderung, da man diese Tatsache außenstehenden Personen faktisch aufdrängt, obwohl diese vielleicht lieber im Unwissen bleiben möchten.

Es erfordert ein Feingefühl, wann man sich in der Öffentlichkeit zurückhalten sollte. Doch die verbale Ansprache in der Du-Form bzw. Sie-Form kann bedenkenlos konsequent umgesetzt werden. Diese Art der Konversation in Wort und Schrift kann der perfekte Einklang sein, BDSM im Alltag zu integrieren. Und darum geht es!

Einen Gedanken haben wir noch! Ein Master oder Mistress kann von ihrem Sklaven oder Sklavin natürlich auch verlangen, dass Freunde und Bekannte ebenfalls in der Sie-Form angesprochen werden müssen. Einem uns bekannten Sklaven ist das passiert. Dieser bekam von seinem Master befohlen, alle Freunde und Bekannte konsequent in der Sie-Form anzusprechen. Und dies wurde in unregelmäßigen Abständen auch kontrolliert, indem diese Personen gefragt wurden, ob sie vom Sklaven in der Sie-Form angesprochen wurden. Wer weiß, welche Strafen auf den Sklaven gewartet hätten, wenn dem nicht so gewesen wäre…

Was denkt ihr darüber? Darf man einen Master oder eine Mistress auch mit „du“ ansprechen oder sollte es innerhalb und auch außerhalb einer BDSM-Session eine hierarchische Ansprache geben? Und wie sieht es mit Außenstehenden aus? Sollte ein Sklave konsequent alle Personen (auch Freunde und Bekannte) in der Sie-Form ansprechen? Wir freuen uns auf euer Feedback.

Veröffentlicht von

Dennis

Mentor und Berater im Bereich Fetisch und BDSM. Du möchtest dich über Fetisch und BDSM unterhalten? Kommt gern auf mich zu. Egal ob Einsteiger oder Profi, ich unterstütze dich gern!

2 Gedanken zu „Vom Freund zum Master – Hierarchien – BDSM im Alltag (Teil 4)“

  1. Meine Eheherrin habe ich mit „Sie“ anzusprechen, egal wo. Sie duzt mich, nennt mich bei meinem Vornamen und ab und zu nennt sich mich Sklave. Die Frage, ob ich sie zum essen einladen darf, erübrigt sich, da ich kein eigenes Geld habe. Sie regelt die Finanzen. Vor längerer Zeit in einer Pizzeria legte der Kellner die Rechnung vor mich auf den Tisch. Darauf meine Eheherrin zum Kellner: „Sie können die Rechnung mir geben, mein Sklave hat kein eigenes Geld mehr…“

    1. Welche spannende Situation im Restaurant. Da hätten wir gern den Blick des Kellners und auch gern deinen Blick sehen wollen. Da merkt man eigentlich erst, dass BDSM in eurem Alltag eben eine vollkommen natürliche Sache ist und das ist gut so.

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