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Gummi zum Kaffee – BDSM im Alltag (Teil 2)

Viele Menschen behaupten, dass es beim BDSM immer um das eine geht: Die sexuelle Lustbefriedigung. Aber es gibt durchaus Personen, die nicht nur für eine BDSM-Session in ihre Fetisch-Kleidung schlüpfen, sondern auch im Alltag. Aber warum sollte man sich in Schale werfen, wenn es dann nicht zur Sache geht?

Zugegeben, als ich selbst vor ein paar Jahrzehnten in die Fetischwelt eingetreten bin, da war BDSM und Fetisch unmittelbar mit Geschlechtsverkehr verbunden. Doch ich wurde eines besseren belehrt. Ein guter Freund von mir lud mich zu sich nach Hause ein und er empfing mich komplett in Gummi gekleidet. Juhu,… scheinbar geht es gleich los. Aber nein, es war keine Vorbereitung auf eine Session, sondern eher das alltägliche Outfit für Zuhause.

Über die Jahre hinweg haben wir mehr über BDSM und Fetischismus gelernt, unser Blick wurde sensibilisiert und mit jedem Schritt in dieser Welt wurden wir weltoffener. Fetische, die wir überhaupt nicht auf dem Schirm hatten, dass diese existieren, kamen jetzt in greifbare Nähe und steigerten unsere Neugierde.

Wir sind mit vielen Lesern in Kontakt und einer von ihnen hat uns seine persönliche Erfahrung mit seinem (Gummi-)Fetisch mitgeteilt:

„Wenn ich nach einem stressigen Arbeitstag nach Hause komme, dann bin ich platt. Ich will eigentlich nur noch eine Kleinigkeit essen und mich dann vor den Fernseher legen. Doch wirklich erholsam ist es nicht und auch die innere Unzufriedenheit wurde immer größer. Als Single bin ich auf diversen Partnerbörsen aktiv, doch die meisten dort wollen nur eine schnelle Nummer und keine feste Beziehung. Und gerade als Fetischist wird man oft nur auf das „‚Eine‘ beschränkt. Es geht um Fetisch und es geht um Sex in Gear.
Als ich eines abends von der Arbeit nach Hause kam, habe ich aus Langeweile meine Gummikleidung angezogen. In der Vergangenheit hatte ich sie mir ab und zu angezogen zur Selbstbefriedigung. Aber dieses Mal war es anders. Ich wollte einfach nur in Gummi sein, ich wollte mich im Spiegel sehen und mich selbst schön finden. Es ging mir nicht um Sex und auch nicht um Selbstbefriedigung. Es ging mir einzig und allein um das Gefühl in Gummi zu sein.
Seit diesem Abend ziehe ich meine Gummikleidung regelmäßig an. Es ist fast schon eine Art ‚Hausanzug‘ geworden. Ich sehe mich im Spiegel und finde mich schön. Ich genieße das Gefühl Gummi zu tragen und ich liebe auch den Geruch an mir. Egal ob zum Abendessen, für die Hausarbeit oder um auf dem Sofa zu liegen und ein wenig Fernzusehen: Das Selbstwertgefühl ist stark gestiegen. Ich bin mir selbst mehr wert, ich genieße das Leben mehr und diese Energie strahlt auch positiv auf meinen Arbeitsalltag. Ich bin ausgeglichener und meine Freunde und Familienmitglieder merken, dass es mir besser geht als vorher. Natürlich weiß nur ein auserwählter Kreis, warum das so ist. Für mich war es der richtige Weg und ich bin glücklich!“

Viele Menschen sind gerade wegen Homeoffice in den letzten Monaten näher an ihren eigenen Fetisch gerückt. Was früher nur an den Abenden oder Wochenenden möglich war, das war plötzlich an einem gewöhnlichen Werktag auch möglich. Bei vielen Fetischisten die gleiche Erfahrung: Steigerung des Selbstwertgefühlt, Steigerung der Lebensqualität, größere Zufriedenheit mit dem eigenen Leben und eine positivere Ausstrahlung gegenüber Mitmenschen.

Rubberpup - Copyright 2021, by ChasteSubMuc
Rubberpup – Copyright 2021, by ChasteSubMuc

Wenn man das so liest und auch verinnerlicht, dann wünscht man sich jeder würde seinen Fetisch offen ausleben. Doch viele Personen in unserer Gesellschaft sind dafür noch nicht bereit. In Gummi im Supermarkt zu stehen, mit Schutzanzug den Rasen mähen, in Ledermontur zum Kaffeetrinken, im Tauchanzug im Homeoffice oder in Ketten gelegt vor dem Fernseher liegen und die Lieblingsserie anschauen. Mit Sicherheit durfte der eine oder andere Paketbote oder Briefträger so manches Fetischoutfit schon bewundern.

Es erfordert ein gewisses Umdenken. Fetischkleidung impliziert für viele Personen die Bereitschaft für Sex. Doch warum tun das eine normale Jeans und ein T-Shirt nicht? Wenn man an einer Türe klingelt oder klopft und die dort lebende Person öffnet die Türe in einem Fetischoutfit, so gehen viele Menschen davon aus, dass genau diese Person jetzt sofort Sex haben will. Und wenn genau die gleiche Person in Jeans und T-Shirt die Türe öffnet, dann verbindet man nicht zwangsläufig eine Bereitschaft zum Sex. Vielleicht benötigen wir hier ein generelles Umdenken in unserer Gesellschaft. Vielleicht schafft das sogar bei einem gewissen Personenkreis dieser Beitrag.

Nochmal: Wenn ein Fetischist Zuhause oder auch in der Öffentlichkeit in Gear unterwegs ist, dann kann man nicht zwangsläufig darauf schließen, dass es hier um einen Akt des sexuellen Vorspiels geht und diese Person auf der Suche nach einem Sexualpartner ist. Viel mehr geht es darum laut zu rufen: „Schaut mich an! Schaut wie schön ich bin! Ich fühl mich wohl in meiner Haut! Probiert das auch mal aus!

Und genau die selben Gefühle entwickeln sich bei BDSM-Liebhabern. Doch gerade wenn es um den Bereich Bondage geht, dann lässt sich dieser aus Respekt und Rücksicht an der Öffentlichkeit nicht immer direkt offen ausleben. Es sei denn, man ist auf einem Mittelaltermarkt und steckt seinen Sklaven dort in einen Pranger. In diesem erlesenen Besucherkreis mag das durchaus legitim sein.

Manche BDSM-Liebhaber kombinieren ihren Fetisch damit, dass man die Kleidung bewusst tragen und nicht mehr ausziehen darf. Frei nach dem Motto „Locked in Gear“. So entdecken manche Personen ihren eigenen Fetisch ebenfalls komplett neu. Viele haben Gear zuhause liegen und ihnen fehlt der „Schubs“ zum Anziehen. Gerade bei devoten Personen kann ein Dominanter hier vielleicht aushelfen? „Du trägst gern Leder? Dann zieh es jetzt an und schicke mir ein Beweisbild!“ Die Möglichkeiten im digitalen Zeitalter sind schier unbegrenzt. Soziale Netzwerke, Messenger,… auf sehr einfache Weise kann man seine Mitmenschen am eigenen Fetisch teilhaben lassen. Und wenn es für manche den Anschein erweckt, als würde diese Person gar nix arbeiten, sondern nur den ganzen Tag in Fetisch-Klamotten herumlaufen, denen sei gesagt: Vielleicht ist es eben nur dieser Fetischist, der seine Work-Life-Balance richtig auskostet und in seinem Alltag einfach seine Gear trägt.

Copyright 2021, mit freundlicher Genehmigung von David Dehner
Copyright 2021, mit freundlicher Genehmigung von David Dehner

Seid stolz auf euch selbst, seid glücklich mit eurem eigenen Fetisch und lebt diesen auch aus! So wird jeder „normale“ Alltag zu einem besonderen Tag. Lasst nicht jeden Tag eintönig erscheinen, genießt das Leben und genießt euren Fetisch. Und irgendwann wird auch für Außenstehende dieser Anblick „normal“ und keiner braucht sich mehr verstecken. Wir wünschen es uns sehr und leisten dafür unseren Beitrag!

Veröffentlicht von

Dennis

Mentor und Berater im Bereich Fetisch und BDSM. Du möchtest dich über Fetisch und BDSM unterhalten? Kommt gern auf mich zu. Egal ob Einsteiger oder Profi, ich unterstütze dich gern!

4 Gedanken zu „Gummi zum Kaffee – BDSM im Alltag (Teil 2)“

  1. Wieder mal ein toller Beitrag und voll ins Schwarze getroffen. Unsere Vorstellung von ‚Alltags-‚ und Fetischkleidung ist in erster Linie gesellschaftlich bestimmt.

    Und mal ganz ehrlich, wenn ich manche Netzunterhemden- mit Jogginghosen und Badelatschenträger sehe, die selbstverständlich der Welt ihren Anblick zumuten und damit sagen ‚Ihr geht mir alle echt sonstwo vorbei, für Euch mach ich mich nicht schick!‘ dann wünsche ich mir offen gesagt, vor mir in der Schlange im Supermarkt stünde ein Handler mit seinem Puppy. Deswegen bekäme ich nicht gleich erregende Gefühle behaupte ich mal, aber es wäre einfach schön zu sehen, dass sich da jemand traut.

    Und das nur zur Klarstellung, wenn sich jemand in Netzunterhemd, Jogginghose und Badeschlappen schön findet, dann zieh das an! Dann BIST Du auch schön darin – nur dann hast Du Dir auch Gedanken gemacht und gehst nicht so raus weil Du zu cool oder zu faul bist, Deinen Mitmenschen ein Mindestmaß an Respekt zu zeigen indem Du ihnen Deinen ungepflegten Gammellook ersparst.

    Hier denke ich sollten wir als Gesellschaft mal nachdenken: Gammellook mit der Subtextbotschaft ‚Mir geht Ihr alle sonstwo vorbei!‘ ist OK, ein Mensch im Fetischoutfit, der sich Mühe gibt sich so zu zeigen wie er sich schön findet erregt Aufsehen? Also Bitte!

    Fesseln sind sicher ein Thema für sich – weil sie eben auch im Alltag komplett falsch verwendet werden und der unwissende Passant ja nicht wissen kann, dass sich da zwei Personen ganz doll mögen und sich so sehr vertrauen, dass sie sich dem Anderen komplett anvertrauen, auch in einer Situation in von außen Probleme heran getragen werden können. Das legt nämlich nochmal ne Schippe drauf! Daheim im Playroom, in der Wohnung, an Treffpunkten von Gleichgesinnten, sind so viele Störvariablen einfach weg. Nicht existent. Da die Hände auszustrecken und die Fesselung geschehen zu lassen erfordert auch schon viel Vertrauen, aber öffentlich heißt es nochmal mehr. Es heißt – ich vertraue nicht nur Dir, dass Du mich gut behandelst, sondern auch dass Du in der Lage bist, Probleme mit Anderen zu meistern.
    Leider ist das schwierig, denn es kommen ja auch Fesselungen vor, bei denen das durchaus nicht einvernehmlich geschieht. Ein Passant kann das nicht immer unterscheiden.
    Aber wenn jemand in Leder einkaufen gehen will… spielt es wirklich eine Rolle, ob der mit DER oder mit DEM BMW da ist? Wenn die Kombi mit Stiefeln gefällt, was soll’s? Und wer gerne Gummi anhat, soll es doch anziehen dürfen? Schlimmer als ein albernes Fußballtrikot an einem unsportlichen Fettsack, der seit 100 Jahren keinen Ball mehr am Fuß hatte (Sträflingskugel zählt nicht!) sieht das nun wirklich auch nicht aus.

    Und zuhause? My home is my castle! Was da geht und nicht geht, bestimmt sicher nicht mein Nachbar! Wenn ich zum Schlafen den Schlafanzug mit ein paar modischen 20-Loch Stiefeln kombinieren möchte… also ehrlich – Bettsocken kann ja jeder!

      1. Danke – genießt es auch. Scheint ja wieder alles dabei zu sein, vom Wetter her – von Schutzanzug über Lederkombi auf der einen bis Lederschorts auf der anderen Seite. Also ein perfekter Sommer für genau das Thema.

        Ergänzend noch dazu die Frage ganz allgemein ‚Was soll Kleidung?‘
        Erst mal – schützen. Vor Wind und Wetter, vor Kälte, vor Hitze und so weiter. Da sieht es teilweise schon zappenduster aus – was bitteschön sollen dreiviertel zerrissene Jeans denn bringen? Nix, niente, nada.
        Womit wir beim zweiten Punkt wären – den/die Träger*in möglichst schick aussehen lassen. Hier, Ihr ahnt es schon, kommt die Gesellschaft ins Spiel, die hat da gewisse Normen festgelegt. Vermutlich nur deswegen, damit manche Leute die Normen durchbrechen können. Und dass manche Normen vollkommen albern sind aus heutiger Sicht ist auch nicht unbedingt neu – und umgekehrt. Siehe ripped Jeans. Warum sollte man ein paar Jeans kaufen, die schon Löcher und Risse haben? Eigentlich dämlich, ne? Trotzdem ist das modisch und gefällt Menschen – UND es ist gesellschaftlich weitgehend akzeptiert solang niemand zum diplomatischen Empfang damit gehen will.
        Womit wir bei unserem Thema wären ‚GEAR‘. Wer sich ein Outfit zusammen stellt, der findet sich damit schön, das behaupte ich jetzt einfach mal! Selbst wenn es bei BDSMlern möglicherweise eine Hassliebe ist, irgendwo gefallen tut es ja doch. Das bedeutet, ein Mensch hat sich gefragt, was an ihm/ihr schick aussieht und sich entschieden. Dabei teilweise viel Zeit und viel Geld aufgewendet, damit es so aussieht, dass es ihm/ihr gefällt. Sich intensiv mit dem eigenen Körper beschäftigt, überlegt, welche Puppymaske am besten passt… ganz dünn und dann die Maske einer menschlichen Bulldogge? Eher nicht, da wird jemand dann vermutlich eher die elegante Form eines Jagdhundekopfes gewählt haben… Und das ist dann nicht OK? Einfach weil es die Sehgewohnheiten anderer Leute herausfordert? Sorry, aber da bin ich raus. Immer dran denken – IHR müsst es deswegen ja nicht anziehen, kein Latexmensch wird plötzlich vor Euch stehen und sagen ‚Lass uns Kleider tauschen‘, also kann es Euch doch echt egal sein.
        Oder ist das Stirnrunzeln mehr Ausdruck von was Anderem? Davon, dass sich einer traut, was IHR Euch nicht traut? Und Ihr Euch entrüstet fühlen ‚müsst‘, weil Ihr Euch nicht eingestehen wollt, dass Ihr eigentlich genau das auch cool findet und einfach Euch nicht traut? Das ist nicht schlimm – Ihr MÜSST ja nicht… aber trennt Euch von der Vorstellung, dass Ihr nicht dürft. Wer ist da, der das zu verbieten hat? Niemand.

        1. Wer schön sein will, muss leiden! Hieß es immer schon und wird auch immer so sein. Und wenn das bedeutet, dass junge modebewusste Menschen im Winter knöchelfrei unterwegs sein müssen, dann müssen sie eben mit den Konsequenzen rechnen. Und wie hat ein deutscher Komiker mal gesagt: „Bauchfrei heißt frei von Bauch und nicht diese gepiercten Kebabrollen“. Und da hat er (leider) vollkommen Recht.

          Die „Mode“ ist ein Mysterium, dem wir uns hier lieber nicht widmen. Egal was man trägt, man sollte sich in seiner eigenen Haut (und Kleidung) wohl fühlen.

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