Früher glaubte man, dass der Teufel unsere Sünden auf eine Kuhhaut schreibt. Was wir beim BDSM so alles treiben, na das passt ganz sicher „auf keine Kuhhaut“ drauf. Und doch kann man durch die Veredelung zum Leder so viele schöne Sachen machen, die die ein oder andere Sünde wert sind! Leder ist auch praktisch gesehen der älteste materielle Fetisch der Welt. Und das Beste daran ist, dass dieser Fetisch ganz unverfänglich auch in der Öffentlichkeit ausgelebt werden kann. Eine Lederjacke, eine Lederhose, Lederschuhe, eine Ledertasche, eine Leder-Smartphone-Hülle und Ledersitze im Auto. Die Liste ist unendlich lange.
Mit Bayern wird international gesehen sofort eine Lederhose verbunden, natürlich auch Bier und Sauerkraut, aber vorrangig wohl die Lederhose. Für uns Bayern ist Leder nicht nur auf dem Oktoberfest gern gesehen, es darf auch sehr gern als Alltagskleidung verwendet werden. Nur logisch, dass es hier auch ein stark pulsierendes Herz in der Lederszene gibt. In der Landeshauptstadt München haben wir den amtierenden Repräsentanten des Lederfetischs getroffen und wir konnten ihn für ein Interview für den Fesselblog begeistern.
Fesselblog: Vielen lieben Dank für die Einladung Robert. Wie fühlt es sich an den Titel zum „Bavarian Mister Leather 2018“ (BML2018) tragen zu dürfen und den Lederfetisch somit in der Öffentlichkeit stolz zu vertreten?
Robert: Vielen Dank, dass ihr mich besuchen kommt. Das Gefühl den Titel nun für eine Amtsperiode tragen zu dürfen ist toll, berauschend, ein Privileg und wenn man es direkt sagen möchte: geil! Was man sich aber immer wieder bewusst sein muss ist, dass dieses Amt auch sehr viel Verantwortung und auch Verpflichtungen mit sich bringt. Man steht in der Öffentlichkeit und damit auch einer gewissen Erwartungshaltung gegenüber.
Fesselblog: Wurdest du zur Wahl vorgeschlagen, oder hast du dich aktiv dazu beworben?
Robert: Man muss dazu sagen, dass ich mich in den letzten Jahren weiterentwickelt habe. Man wird älter, man wird reifer und man hat keine Scheu mehr damit seinen Fetisch in der Öffentlichkeit auszuleben. Früher hatte ich mich niemals getraut auf einer Bühne zu stehen. Die Bestätigung des Freundes- und Bekanntenkreis war dann so groß, ich wurde immer wieder ermutigt es zu tun, sodass ich mich zur Wahl zur Verfügung stellte und ich erhielt große Zustimmung.
Fesselblog: Hattest du Hemmungen mit deinem Fetisch in der Öffentlichkeit „geoutet“ zu werden?
Robert: Früher habe ich meine Neigungen in dieser Hinsicht eher versteckt. Ich gehe zwar seit 25 Jahren regelmäßig in Leder aus, aber es hat lange gedauert bis ich mich unbefangen im Fetisch zeigen konnte. Ein guter Freund hat mich da bestärkt, am Anfang war es befremdlich den Blicken der anderen Stand zu halten. Inzwischen genieße ich die Blicke. Das hat aber nichts mit Provokation zu tun, sondern eher mit Stolz. Ich bin stolz so zu sein, wie ich bin. Ich bin stolz darauf in Leder rausgehen zu können. Auch die Arbeitskollegen wissen das und das ist in Ordnung.
Fesselblog: Konntest du deinen Sieg schnell realisieren, oder hast du ein paar Tage gebraucht um das alles verarbeiten zu können und wie war das Gefühl?
Robert: Nach diesem ereignisreichen Abend der Wahl ging ich nach Hause und habe als erstes mein Handy ausgeschaltet. Ich wollte erst einmal meine innere Ruhe wieder finden.. Als ich dann mein Handy wieder eingeschaltet hatte, piepte es sage und schreibe fünf Minuten am Stück. Unzählige Freunde und Bekannte gratulierten mir über die verschiedensten Kanäle. Ein paar Tage danach hab ich zuerst einmal meine Mutter angerufen und ihr erzählt was alles passiert ist, durch dieses Gespräch habe ich irgendwie das Erlebte erst richtig begriffen und aufgearbeitet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wusste ich, was ich geschafft hatte.
Fesselblog: Die Wahl zum Bavarian Mister Leather fand wie jedes Jahr seit 2001 zum Starkbierfest des MLC (Münchner Löwen Club e.V.) statt. Wir hoffen dein Sieg wurde gebührend begossen an diesem Abend?!
Robert: Bevor gefeiert wurde kam es noch zur Segnung durch die „Schwestern der Perpetuellen Indulgenz Abtei Bavaria“ (kurz SPI München). Ich wurde hier mit glitzerndem Feenstaub „übergossen“. Diese Segnung war der bewegendste Moment des Abends und ja, danach wurde ordentlich gefeiert und wie es sich für ein Starkbierfest gehört flossen auch viele Liter Starkbier in der Runde. Aber glaubt mir eins: der Feenstaub kommt heute noch überall raus und jedes Mal werde ich an diesen schönen Moment erinnert.
Fesselblog: Konntest du durch dein Auftreten in der Öffentlichkeit andere ermutigen ihren Fetisch auch offen auszuleben, oder zeigen die Leute eher mit dem Finger auf dich?
Robert: Mit dem Finger zeigt niemand auf mich, aber es ergeben sich sehr viele interessante und tiefgehende Gespräche, dass mit Sicherheit der ein oder andere durch mein Auftreten in der Öffentlichkeit inspiriert wird. Ein direktes Feedback kommt hingegen eher selten. Ich würde mich natürlich wahnsinnig freuen, wenn ich jemandem dabei helfen kann, seinen Fetisch ebenfalls nicht zu verstecken, sondern diesen frei und offen auszuleben.
Fesselblog: Unwissende verbinden mit Leder oft Motorradbekleidung. Leder ist hingegen weit mehr als nur Schutzbekleidung, es ist auch ein Statussymbol. Gibt es denn viele neidische Blicke von anderen bezüglich deiner Outfits?
Robert: In der Tat gibt es viele Blicke. Ob hier allerdings Neid mit im Spiel ist kann ich nicht bestätigen. Es ist eher Respekt den ich erfahre. Zudem sehe ich Leder als kein Statussymbol, sondern als ein Zeichen der Verbundenheit, Gemeinschaft und Lebenseinstellung. Mit anderen Ledermännern kommt man schnell ins Gespräch, man hat eine gemeinsame „Basis“ und man kann oft intensive Gespräche führen. Aber die Schärpe ist auch ein Türöffner: man kommt mit wildfremde Menschen, die einen sonst nicht angesprochen hätten ins Gespräch. Für mich ist es trotz der Schärpe aber immer eine Begegnung auf Augenhöhe. Ich stehe nicht über den Dingen, sondern bin wie jeder andere und ich glaube auch deshalb haben die Leute auch keine „Angst“ vor mir und trauen sich mich anzusprechen.
Fesselblog: Gibt es denn ein Lieblingsoutfit, welches du am häufigsten trägst?
Robert: Oh ja, am liebsten trage ich Kleidung nach dem „BLUF“-Standard. BLUF steht für „Breeches and Leather Uniform Fan Club“ und der Dresscode ist hier genau definiert. Ich trage dabei meist Lederhose, Lederstiefel, Lederhemd, Lederweste, Lederjacke, Handschuhe und Mütze. Quasi Leder vom Kopf bis Fuß und es fühlt sich einfach toll an anderen zu begegnen, die ebenfalls so unterwegs sind.
Fesselblog: Gehen wir zurück in die Vergangenheit. Kannst du dich an dein allererstes Lederkleidungsstück erinnern, welches du bekommen hast?
Robert: Das erste Lederkleidungsstück war eine Trachtenlederhose in meiner Kindheit. Aber daran habe ich keine Erinnerungen mehr. Woran ich mich hingegen sehr gut erinnern kann sind die Cowboy-Stiefel, welche ich mir in der Schulzeit von meinem Taschengeld gekauft habe. Später kam dann noch eine Schnürlederhose dazu. Diese Sachen zu tragen haben mich schon damals sehr erregt und die Faszination für das Material Leder ist geblieben und hat sich im Laufe der Jahre intensiviert.
Fesselblog: Gibt es ein Lederteil, welches du noch nicht hast, dass aber auf deiner Wunschliste steht?
Robert: Irgendwann gönne ich mir ein maßgeschneidertes Outfit von „Langlitz Leahters“. Das ist wohl die Luxusmarke im Bereich Lederuniform. Aber konkrete Pläne gibt es hierfür noch nicht. Es ist aber wichtig Wünsche zu haben und etwas zu haben, wonach man streben kann. Wenn man alles auf einmal hat, ich denke dann wüsste man dies nicht so zu schätzen.
Fesselblog: Findet dein Partner auch gefallen an Leder oder ist es ein Fetisch, den du allein auslebst?
Robert: Mein Partner und ich mögen Leder sehr gern. Aber wir fixieren uns nicht krampfhaft darauf. Es gibt so viele andere spannende Fetische, die wir gemeinsam erforschen und gemeinsam erleben. Leder ist hier natürlich auch immer sehr gern gesehen und auch immer wieder dabei.
Fesselblog: Wird eure Partnerschaft dadurch belastet, dass du jetzt so in der Öffentlichkeit stehst oder wirst du hier unterstützt?
Robert: Mein Partner wusste von Anfang an, dass dies für mich sehr wichtig ist und ich werde glücklicherweise von ihm sehr stark unterstützt. Danke an dieser Stelle dafür! Es ist für eine Partnerschaft durchaus eine Herausforderung, wenn man solch ein Ehrenamt übernimmt, aber ich denke wir sind daran sogar ein Stück weit gewachsen.
Fesselblog: Der Sommer steht vor der Türe, da wird es in Leder bestimmt gut warm. Ist der Lederfetisch ein Fetisch, den man bei jeder Jahreszeit tragen kann oder legst du bei heißen Temperaturen auch mal eine Pause ein?
Robert: In der Arbeit haben wir einen strikten Dresscode, hier kann ich leider kein Leder tragen. Leder ist etwas, was ich in meiner Freizeit erlebe und auslebe. Ich trage Leder, weil ich es tragen will und nicht weil ich es tragen muss. Und für den Sommer gibt es ja auch kurze Lederhosen. Am Abend kann man sich ja dann wieder etwas dicker in Leder packen, das geht dann schon.
Fesselblog: Was würdest du jemandem raten, der sich nächstes Jahr der Wahl zum „Bavarian Mister Leather“ stellen möchte?
Robert: Sprich mit deinem Partner, sprich mit deiner Familie und sprich mit deinem Arbeitgeber. Dieses Ehrenamt erfordert sehr viel Zeit und ist auch kostenintensiv. Und vor allem: Bleib du selbst! Du brauchst dich vor niemandem verbiegen. Du solltest Lust darauf haben und nicht dazu genötigt werden. Was ich immer wieder sagen kann, es ist eine so schöne Erfahrung, die einem keiner mehr nehmen kann. Diese ganzen Gefühle kann man auch schlecht in Worte fassen, man kann es nur selbst erleben.
Fesselblog: Wirst du selbst für eine weitere Amtszeit kandidieren?
Robert: Das entscheide ich kurzfristig. Im Moment genieße ich mein Jahr in der aktiven Amtszeit sehr. Ich lasse es ganz in Ruhe auf mich zukommen.
Fesselblog: Wie wir erfahren haben wirst du auch an der Wahl zum „International Mister Leather“ Ende Mai in Chicago teilnehmen. Bist du hier schon sehr nervös?
Robert: Im Moment sehe ich dieser Veranstaltung noch sehr gelassen an. Es ist eher eine große Vorfreude, da ich eine Woche in Chicago sein werde. Die ersten Tage der Wahl werden jedoch sehr durchgetaktet sein, fast wie bei einer Oscar-Verleihung. Es wird mit Sicherheit eine ebenso prägende Erfahrung wie die Wahl zum Bavarian Mister Leather. Zudem freue ich mich sehr die anderen Titelträger persönlich kennenzulernen, die aus aller Welt kommen. Es wird bestimmt viele spannende Gespräche geben. Es sind insgesamt 72 Kandidaten und ich hoffe, dass ich es unter die ersten 20 schaffe. Ich setze mich aber keinem Leistungsdruck aus. Sowas macht man glaube ich nur einmal im Leben und ich möchte es von Anfang bis Ende genießen.
Fesselblog: Wir drücken dir für diese Wahl die Daumen und werden diese mit Spannung verfolgen! Möchtest du unseren Lesern noch etwas mitteilen?
Robert: Habt Mut, steht zu euch selbst, zeigt euch, zeigt Gesicht und versteckt euch nicht. Da draußen gibt es so viele tolle Menschen, die nur darauf warten euch kennenzulernen. Versauert nicht vor eurem PC Zuhause, sondern geht raus. Geht in Vereine, geht in Bars und trefft eures Gleichen. Ihr seid nicht allein! Aber: bleibt authentisch und bleibt euch selbst treu. Ihr braucht euch für niemanden verstellen. Genießt es!
Fesselblog: Vielen Dank für dieses spannende und interessante Interview. Wir hoffen sehr, dass du eine wunderbare und ereignisreiche Amtszeit haben wirst und auch darüber hinaus viel Spaß in Leder haben wirst und du noch viele tolle Menschen auf deinem Weg kennenlernst.
Info: Dieses Interview fand am 10.05.2018 in München statt.