Algolagnie - Mit freundlicher Genehmigung des Fotografen

Schlag mich bitte… – Algolagnie, die Lust auf Schmerzen

Im Bereich BDSM kann es durchaus etwas härter zugehen. Hin und wieder kann es hier passieren, dass eine devote Person mal eine Tracht Prügel bekommt. Gerade für Außenstehende verschwimmt die Grenze zwischen „Algolagnie“ und häuslicher Gewalt.

Achtung: Häusliche Gewalt wird von uns an dieser Stelle weder gutgeheißen, befürwortet oder gar gefördert. In unserem Artikel geht es beim Thema Algolagnie zwar um das gegenseitige Zufügen von Gewalt, doch in einem einvernehmlichen Rahmen im Bereich BDSM. Mit der Bitte um Beachtung!

Vor einiger Zeit haben wir einen jungen aufstrebenden BDSM-Liebhaber kennengelernt, der bei unserem Treffen das Angebot auf einen Sitzplatz ausgeschlagen hat. Nun devote Personen sollten eh viel lieber auf die Knie als auf einen Stuhl. Doch der Grund für das Ausschlagen eines Sitzplatzes wurde uns schnell gezeigt: der Hintern war übersäht von Hämatomen. Eine Spanking-Session am Vortag hat ihre Spuren hinterlassen. Es folgte eine sehr intensive Diskussion über das Thema Algolagnie.

Kommen wir zuerst zu der Bedeutung der Wortneuschöpfung „Algolagnie“. Diese stellt sich zusammen aus den griechischen Wörtern άλγος (álgos – „Schmerzen) und λαγνία (Lagneía – „Wollust“), kurz die „Lust auf Schmerzen“. Fakt ist, dass Algolagnie in den klassischen Sadomasochismus einfließt. Eine harte Grenze kann man hier nicht ziehen, da die Lust auf Schmerzen auch im Bereich BDSM ausgelebt wird. Dennoch gibt es Personen, die komplett unabhängig von BDSM „einfach“ Lust auf Schmerzen haben. Ihnen ist teils gar nicht bewusst, dass sie dann eigentlich ein willkommenes Mitglied in der BDSM-Familie sind, was die Abgrenzung zur häuslichen Gewalt wieder etwas ins Nebulöse bringt.

Man unterscheidet bei Algolagnie auch zwischen aktiver Algolagnie (analog zum Sadismus) und passiver Algolagnie (analog zum Masochismus). Wir wollen uns im weiteren Verlauf deshalb den Fokus auf die Personen und Praktiken legen, bei denen auch bewusst durch die Spielpartner im Bereich BDSM einvernehmlich gehandelt wird. Aber warum sollte sich jemand bewusst schlagen lassen bzw. Schmerzen zufügen lassen? Was ist der Reiz dabei? Wir haben viele Gespräche geführt und auch ein paar Praktiken experimentell durchgeführt.

Wir haben euch schon im Artikel über Spanking das Thema ein bisschen angedeutet, doch Algolagnie geht durchaus über das „einfache“ Versohlen eines Hinterns hinaus. Hier gibt es nicht nur „Klapse“, sondern teils Prügel mit den damit verbundenen medizinischen/physischen Konsequenzen. Ein Risiko, welches einige Personen bereit sind einzugehen. Wir erinnern uns an unseren Gast mit dem „glühenden“ Hintern.

Gründe für eine solche Session mag es viele geben, doch eins hatten all unsere Gesprächspartner aus ihren Erfahrungen berichtet: Die intensivste Art von SM, in der man sich vollkommen fallen lassen kann. Man blendet alles um sich herum aus. Es gibt keine Arbeits- und Alltagssorgen, es gibt nur eins – den nächsten Schlag. Wobei man bei jedem einzelnen Schlag durchaus aufpassen muss.

Bei einer Ohrfeige zum Beispiel sollte man niemals aufs Ohr hauen, auch wenn der Name es vermuten lässt. Ein Schlag auf das Ohr könnte das Gehör und den Gleichgewichtssinn schädigen, ein Risiko, welches man auf keinen Fall eingehen sollte. Andere Körperregionen eignen sich da durchaus besser für entsprechende physische Schläge. Allen voran ist es der Hintern, gefolgt vom Rücken, Fußsohlen (Bastonade) und Handinnenflächen. Das Schmerzempfinden ist an jeder Körperstelle anders und jede Person empfindet Schläge anders. Während man an der einen Körperstelle vielleicht Hornhaut hat (z.B. Fußsohlen), so ist es an einer anderen Stelle „weiche“ Haut.

Doch es sind nicht nur Schläge, mit denen man jemandem Schmerzen zufügen kann. Kratz- und Bissspuren sind auch nicht selten nach einer Session zu entdecken. Jedoch sollte man auch hier vorsichtig sein, denn was an der einen Stelle beim Knabbern schön sein kann, das kann beim Beißen böse enden. Unser Kiefermuskel ist einer der stärksten Muskeln im ganzen Körper und mit unseren Zähnen kann es dann schon passieren, dass man hier etwas ungewollt „abbeißt“.

Was auch sehr interessant sein kann ist ein Spiel mit Wäscheklammern. Diese kann man an fast jeder Körperstelle anbringen. Stellt euch mal eine nackte gefesselte Person vor, die an Bauch, Brust, Armen und Beinen viele Wäscheklammern angebracht bekommen hat, welche mit einer Schnur verbunden sind. Das Anbringen ist schon eine gewisse Zeremonie und diese devote Person weiß, dass mit einem kräftigen Zug alles vorbei ist. Einen kräftigen Zug an der Schnur und alle Klammern werden vom Leib gerissen. Ein unglaublich heftiges Erlebnis, auch wenn es jetzt harmlos klingen mag. Es kommt natürlich auch darauf an, wie lange die Wäscheklammen angebracht waren. Waren es „nur“ ein paar Minuten oder vielleicht eine halbe oder ganze Stunde?

Ihr seht also, Schmerzen können durch viele Dinge und eben nicht nur durch Schläge verursacht werden. Eine Antwort sind wir euch an dieser Stelle noch schuldig geblieben, die Frage nach dem „Warum“. Der Grund ist die sexuelle Lustbefriedigung. Hier kann es sein, dass beide sexuell befriedigt werden, sowohl die devote als auch die dominante Person. Wahrscheinlich könnte man über die Frage nach den Gründen stundenlang mit einem Psychologen sprechen und dennoch ist es bei jedem Mensch anders. Da wir uns hier im Bereich BDSM bewegen und diese Spiele ausschließlich einvernehmlich geschehen ist die Lustbefriedigung hier stark im Fokus.

In diversen Fällen steht der sexuelle Aspekt nicht im direkten Fokus. Nehmt mal an, dass es sich um eine BDSM-Beziehung mit einem Sklavenvertrag handelt. Im Sklavenvertrag wird festgelegt, dass der Sklave bei entsprechenden Vergehen durch das Zufügen von Schmerzen bestraft wird. In diesem Fall ist es durchaus vorstellebar, dass der Sklave keine Lust dabei empfindet jedoch im Gesamtkonstrukt seines Sklavendasein vollkommen in seiner Rolle aufgeht und dies eine notwendige Erziehungsmethode ist.

Doch wo zieht man die Grenze? Wann sind Schmerzen noch schön und ab welchem Punkt sind sie nicht mehr Lustvoll? Wie ist es bei euch? Könnt ihr euch vorstellen euch gegenseitig in einer BDSM-Beziehung Schmerzen zuzufügen? Eure Meinung ist uns wichtig.

An dieser Stelle nochmal der Hinweis: Wir distanzieren uns hier ausdrücklich von häuslicher Gewalt. Die hier beschriebenen Praktiken geschehen alle einvernehmlich und im Kontext zu BDSM. Solltet ihr Opfer von häuslicher Gewalt sein, dann solltet ihr euch selbst schützen und ggf. hier auch Anzeige erstatten. Wir haben euch einige Notrufnummern bereitgestellt, welche ihr euch hier als PDF-Datei herunterladen könnt. Passt aufeinander auf!

Wir hatten das Thema „Lust auf Schmerzen“ schon einmal beschrieben, doch war es uns wichtig an dieser Stelle nochmal einen ergänzenden Beitrag zu verfassen.

Veröffentlicht von

Dennis

Mentor und Berater im Bereich Fetisch und BDSM. Du möchtest dich über Fetisch und BDSM unterhalten? Kommt gern auf mich zu. Egal ob Einsteiger oder Profi, ich unterstütze dich gern!

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